Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1909. (50)

Das Denisqe Reiq und seine eintelnen Glieder. (September 11./12.) 317 
Königliche Hoheit allergnädigst Mir gestatten, in Meinem Namen und in 
dem der Kaiserin Unseren innigsten Dank aussprechen zu dürfen für den 
so freundlichen Empfang, den Eure Königliche Hoheit Uns bereitet haben, 
und für die hohe und warme Begeisterung, die Uns aus allen Schichten 
des Badener Volkes entgegengebracht worden ist. Die freudestrahlenden 
Gesichter, die Wir heute gesehen, haben gezeigt, wie lebendig und wie warm 
der Patriotismus in den Herzen der Badener glüht. Mein heutiger Trink- 
spruch gilt dem vierzehnten Armeekorps und seinem hohen Landesherrn. 
Ich kann ihn jedoch nicht aussprechen, ohne einen Rückblick zu tun. Es 
find gerade 30 Jahre her, daß Ich die Freude und die Ehre hatte, als 
anz junger Mann das erste Kaisermanöver hier mitzuerleben. In dem- 
Febe Raum, auf demselben Paradeplatz waren die erfurchgebietenden Er- 
scheinungen des ersten deutschen Kaisers, seiner Paladine, seines helden- 
haften Sohnes, Meines hohen Vaters, und vieler anderer versammelt. Mit 
der Zeit ist eine nach den andern dieser großen Gestalten dahin gegangen 
und zuletzt die ehrfurchtgebietende Erscheinung Deines Vaters, der, so lange 
er lebte, die Standarte des Reiches hoch hielt und den Geist pflanzte, der 
noch heute im vierzehnten Korps lebt. Doch dieser Rückblick soll dem 
eutigen Tag keinen Abbruch tun. Ich wollte mit ihm nur einen leichten 
lor der Erinnerung um den glänzenden Rahmen und das herrliche Bild 
des heutigen Tages schlingen. So geziemt es auch dem Soldaten; bei 
ihm ist die Tradition die Hauptsache. Ich kann nur von ganzem Herzen 
meinen Glückwunsch wiederholen zu der prachtvollen Heerschau, die Ich 
heute über die Badener Landeskinder habe abhalten dürfen. Das Korps 
ist gut und fertig, ein würdiges Glied in der Reihe der Armeekorps des 
deutschen Heeres, die bereitstehen, für die Ehre und Sicherheit unseres 
Vaterlandes und für den Frieden desselben, wenn es nötig ist, einzutreten, 
die ihre Waffenrüstung tragen niemand zulieb und niemand zuleide. Daß 
der Geist und die Gesinnung, die sich am heutigen Tage in den jungen 
Kriegern wie in den alten Mitstreitern unserer Väter gezeigt haben, in 
alle Ewigkeit dem Korps und dem Lande erhalten bleiben, darauf leere 
Ich mein Glas! Seine Königliche Hoheit der Großherzog und Ihre König- 
liche Hoheit die Großherzogin und das vierzehnte Armeekorps: Hurra, 
hurra, hurra!“" 
Der Kaiser hat den Großherzog von Baden durch das folgende 
Hemschrelden zum Generalfeldmarschall ernannt: „Ich benutze den 
eutigen Tag der Parade, an welchem Ich die badischen Truppen in solch 
vortrefflicher Berfassung gefunden habe, um Eurer Königlichen Hoheit einen 
erneuten Beweis Meiner besonderen Wertschätzung und herzlichen Zuneigung 
zu geben, indem Ich Eurer Königlichen Hoheit hiermit den Rang eines 
Generalfeldmarschalls verleihe. Es ist Mir eine besondere Freude, Eure 
Königliche Hoheit hiervon in Kenntnis zu setzen. Gez. Wilhelm.“ 
11./12. September. (Nürnberg.) Erster deutscher Richtertag. 
Nach langer Debatte über den Entwurf der neuen Strafprozeß- 
ordnung wird der Antrag des Oberlandesgerichtsrats Oppler (Kolmar) 
angenommen, daß es empfehlenswert ist, die Laien dort, wo wir sie heute 
schon haben, weiter in der Rechtsprechung mitwirken zu lassen, daß aber 
anderseits eine Hinzuziehung der Laien auch in der Berufungsinstanz 
unter allen Umständen zu verwerfen sein würde. Der erste Teil wurde 
nur gegen eine starke Minorität angenommen, der zweite dagegen fast 
einstimmig. 
12. September. Deutsche Luftschiff-Polarforschung. 
In Hemmelmark hat sich unter dem Vorsitz des Prinzen Heinrich
	        
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