Das Neutsche Reich uad seine rinbelnen Glieder. (November 16.—19.) 337
Mitte November. (Mansfeld.) Der Streik der 6000 Berg-
arbeiter endet nach sechswöchiger Dauer mit ihrer Niederlage.
16. November. (Frankfurt a. M.) Die deutsche Luftschiff-
fahrt-Aktiengesellschaft wird mit einem Kapital von drei Millionen
Mark begründet.
16. November. (Preußen.) Landtagsersatzwahl im Wahl-
kreis Stuhm--Marienwerder.
Justizrat Dr. Schrock (freikons.) erhält 249 Stimmen, von Doni-
mirski (Pole) 89 Stimmen.
16. November. (Bayern.) Abgeordnetenkammer.
Der liberale Antrag, die Reichsratskammer durch gewählte Ver-
treter der einzelnen Haupterwerbsgruppen, der freien Berufe, der Hoch-
schulen und der Städte zu ergänzen, wird mit den Stimmen des Zentrums
und der Sozialdemokratie gegen die der Liberalen und der Wirtschaftlichen
Vereinigung abgelehnt.
17. November. (Bayern.) In der ersten Sitzung der Reichs-
ratskammer wird dem Beschluß des Abgeordnetenhauses bezüglich
der Aufhebung des bayerisch-russischen Auslieferungsvertrages die
Zustimmung versagt.
Ministerpräsident Podewils führt aus, daß in den 24 Jahren der
Bertragsgeltung nur eine Auslieferung und zwar die eines gemeinen
Mörders stattgefunden habe.
17. November. (Bayern.) Kammer der Abgeordneten. Vor
Eintritt in die Tagesordnung gibt Ministerpräsident Freiherr
von Podewils eine Erklärung ab, die folgende Vorgeschichte hat:
Der Zentrumsabgeordnete Dr. Heim hatte behauptet, daß der Chef
der Geheimkanzlei des Regenten, General v. Wiedenmann, den Minister
der Verkehrsanstalten gegen einen hohen Ministerialbeamten des Verkehrs-
ministeriums, den Ministerialdirektor v. Geith, der durch seine auf einer
Zentrumsversammlung gegen die bayerische Staatsregierung gerichteten
Angriffe Aufsehen erregt hatte, scharf zu machen versucht habe. Die
Zentrumspresse sprach daraufhin von Kabinettspolitik und von der Not-
wendigkeit, den Freiherrn v. Wiedenmann in seine neutrale Stellung zurück-
udrängen. Der Ministerpräsident erklärte, daß von keiner Seite bei der
Regierung ein Vorgehen gegen den Ministerialdirektor v. Geith angeregt
worden sei, und wies sodann nachdrücklich den Vorwurf zurück, daß die
Geheimkanzlei des Prinzregenten ihren Wirkungskreis überschreite. Alle
beteiligten Faktoren seien darin einig, daß die Ministerien Aufträge in
Regierungsangelegenheiten nur von der Krone entgegennehmen könnten.
Der jetzige Chef der Geheimkanzlei habe diesen Grundsatz stets befolgt.
In keinem Lande sei ein persönlicher Verkehr der Krone mit den Ministern
in größerem Umfange üblich als in Bayern; von einer Kabinettspolitik,
von einer unzulässigen Beeinflussung der Regierung und von einer Neben-
regierung könne keine Rede sein. Die Angriffe gegen die Geheimkanzlei
seien aufs entschiedenste zurückzuweisen.
19. November. Der Vorstand des rheinisch-westfälischen Ver-
bandes der „Freunde evangelischer Freiheit“ hält seinen Protest
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