Das Denisqe Reiq und seine einzelnen Glieder. (Dezember 10.) 375
gegenzunehmen, und erklärt sich mit dem Beschluß der Landschaft im
wesentlichen einverstanden. Sie äußert ihr Befremden über das Verhalten
der Ritterschaft, das um so größer sei, als sich diese unter bestimmten
Bedingungen auf den Boden der Regierung hätte stellen wollen. Bei
dieser Sachlage verspreche sich die Regierung keinen Erfolg von einer vor-
läufigen Fortsetzung der Verhandlungen. Die Verantwortung für die Lage
treffe die Ritterschaft. Bei den Verhandlungen im Reichstage würde die
Regierung ihren bisherigen Standpunkt gegenüber dem Eingreifen des
Reiches nicht aufrechterhalten können. Spätestens auf dem nächsten Land-
tag werde sie auf die Verfassungsreform zurückkommen und sie unbedingt
zum Abschluß bringen mit allen ihr geeignet erscheinenden Mitteln.
10. Dezember. (Mecklenburg-Strelitz.) In der Antwort
des Großherzogs Adolf Friedrich an die „getreuen Stände“ heißt es:
„Die Stellungnahme der Ritterschaft befremdet uns um so mehr, da
ihre Deputation bei den kürzlich abgehaltenen kommissarischen deputatischen
Verhandlungen ausdrücklich und einstimmig die Erklärung abgegeben hat,
daß sie unter gewissen Bedingungen bereit sei, auf den Boden der Re-
gierungsvorlage zu treten, und da wir von Anbeginn der Verhandlungen
keinen Zweifel darüber gelassen haben, daß für uns eine Lösung der Ver-
fassungsfrage, die lediglich einen Ausbau auf ständischer Grundlage bezweckt,
unannehmbar sei. Wenngleich wir nicht zu beurteilen vermögen, inwieweit
die uns nicht verständliche Stellungnahme der ritterschaftlichen Deputierten
auf dem gegenwärtigen Landtage auf die Abstimmung im Plenum auf
unsere Verfassungsvorlagen eingewirkt hat, so wollen wir doch mit dem
Ausdrucke unseres Befremdens über die Handlungsweise der ritterschaftlichen
Deputierten nicht zurückhalten. Denn wenn kommissarisch-deputatischen
Verhandlungen überhaupt ein Wert beizumessen ist, so durften wir darauf
vertrauen, daß die Deputierten ihre bei diesen Verhandlungen eingenom-
mene Stellung demnächst auch dem Plenum gegenüber vertreten würden
und daß sie nicht — wie es anscheinend geschehen ist — ihr den landes-
herrlichen Kommissarien gegenüber bewiesenes Entgegenkommen vor dem
Plenum aufgeben würden, ohne auch nur den Versuch zur Rechtfertigung
ihres früheren entgegenkommenden Verhaltens zu machen. Wir müssen
es ablehnen, auf Grund der widersprechenden Standesbeschlüsse die Ant-
wort unserer getreuen Stände zu der Landtagsproposition anzunehmen,
verzichten aber trotzdem auf eine Weiterberatung unserer Vorlagen auf
dem gegenwärtigen Landtag. Unserer Ritterschaft müssen wir die Ver-
antwortung dafür überlassen, daß wir die Hoffnung, zu einer Verständigung
zu gelangen, zu unserem schmerzlichen Bedauern nicht mehr aufrechterhalten
können und daß wir gezwungen sein werden, daraus die notwendigen
Konsequenzen zu ziehen, falls demnächst die Frage eines Eingreifens des
Reichs in die mecklenburgischen Verfassungsverhältnisse in Frage kommen
und falls eine erneute Erörterung der mecklenburgischen Verfassungs-
verhältnisse im Reichstage stattfinden sollte. Von der Notwendigkeit der
Einführung einer Repräsentativverfassung für unser Land überzeugt, werden
wir kein Mittel unversucht lassen, um dieses Ziel zu erreichen, und werden
spätestens auf dem nächsten Landtage auf die Verfassungsreform zurück-
ommen.“
Beim Verlesen dieser Antwort ruft Landrat von Maltzan auf
Maltzow: „Dieses ist die Revolution von oben!“
10. Dezember. (Reichstag.) Antrag Bassermann betreffend
die Gründung einer deutschen Akademie und Versuchsanstalt für