Die Ssterreichisch-ungerische Menarchie. (Februar 3.) 413
die Hand bekommen, in welchem Falle sie auf ihre Forderungen gern ver-
ichten könnte, da sie ja ihre politisch enttäuschten Wähler mit jenen privaten
orteilen entschädigen könnte, die die Besitzer der Macht immer zu bieten
in der Lage sind.
3. Februar. (Böhmen.) Sprachengesetz und Verwaltungs-
reform für Böhmen.
Die Regierung legt dem Abgeordnetenhause in Wien zwei Gesetzentwürfe
für das Königreich Böhmen über die Regelung des Sprachengebrauches
bei den staatlichen Behörden und über die Errichtung von Kreisregierungen
vor. Durch Abgrenzung national geschlossener Verwaltungsgebiete sollen
139 einsprachige tschechische, 95 einsprachige deutsche und 5 zweisprachige
Bezirksgerichtssprengel eingerichtet werden. Die Prager Bezirksgerichte
gelten als zweisprachig. Dadurch wird die Abänderung einer Anzahl von
Sprengeln, sowie die Errichtung von 14 neuen Bezirksgerichten notwendig.
Die Bezirksgerichtssprengel sind bestimmend für den staatlichen Charakter
der Verwaltungsbezirke. Die Prager Polizeidirektion gilt als zweisprachig.
Die einsprachigen Behörden bedienen sich in der Regel ihrer Amts-
sprache; um aber auch den anderssprachigen Parteien die Möglichkeit des
unmittelbaren Verkehrs mit der Behörde zu geben, ist vorgesehen, daß sie
Eingaben in ihrer Sprache machen können. Die Erledigung erfolgt sodann
in der Sprache der Eingabe. Die Eintragungen in öffentliche Bücher und
Register werden in der Amtssprache vollzogen. Die amtlichen Bekannt-
machungen ergehen in der Regel in der Amtssprache. Bei zweisprachigen
Behörden erfolgt der mündliche und der schriftliche Verkehr mit den Par-
teien in deren Sprache. Entscheidungen und Beschlüsse kommen in der
Sprache der ersten Eingabe ins Protokoll. Eintragungen in die öffent-
lichen Bücher und Register sowie Auszüge daraus erfolgen in der Sprache
der Eingabe. Im innern Dienst gebrauchen die einsprachigen Behörden
ihre Amtssprache, die zweisprachigen Behörden in Parteisachen die im
äußern Dienstverkehr in einer gleichen Angelegenheit ausschließlich oder
vorwiegend zur Verwendung gekommene Sprache und in allen Nichtpartei-
sachen die der Beschaffenheit des Falles angemessene Sprache. Ausgenommen
sind hier wie überhaupt in allen Stücken die in Angelegenheiten der be-
waffneten Macht geführten Aufzeichnungen sowie der gesamte Dienstverkehr
mit den militärischen Behörden und der Gendarmerie. Bei diesen hat es
bei der Anwendung der deutschen Sprache zu verbleiben. Ebenso hat es
im Verkehr mit den Behörden außerhalb Böhmens bei der Anwendung
der deutschen Sprache sein Bewenden. Dies gilt insbesondere vom Verkehr
zwischen den Landesstellen des Königreichs Böhmen und den Zentralstellen.
Für die Landesbehörden gelten die für die zweisprachigen Behörden auf-
gestellten Grundsätze. Bei den einsprachigen Behörden dürfen nur Beamte
angestellt werden, die die Amtssprache in Wort und Schrift beherrschen und
von denen mit Rücksicht auf die Umgangssprache der Mehrheit der Be-
völkerung eine entsprechende Verwendung zu erwarten ist. Bei den zwei-
sprachigen Behörden ist für eine dem Dienstbedarf entsprechende Zahl von
Beamten, die beider Landessprachen mächtig sind, Sorge zu tragen. Als
Grundsatz hat zu gelten, daß das Verhältnis der Volkszahl der beiden das
Königreich Böhmen bewohnenden Volksstämme für die Aufteilung der ge-
samten Zahl der staatlichen Beamten maßgebend sein soll. Der Gesetz-
entwurf über die Kreisregierungen bestimmt, daß in Böhmen für den Bereich
der politischen Verwaltung in unmittelbarer Unterordnung unter die Statt-
halterei zwanzig Kreisregierungen errichtet werden, und zwar zehn ein-
sprachig tschechische, sechs einsprachig deutsche und vier zweisprachige. Die