Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1909. (50)

428 Die ##terreichisch-ungrische Monchie. (September 7.—16.) 
ziehungen zwischen Oesterreich-Ungarn und England wieder auf den alten 
Grad des Vertrauens und der Freundschaftlichkeit gebracht werden mögen, 
antwortet hierzulande ein sympathisches Echo. Wenn, an die Tiroler 
Jahrhundertfeier anknüpfend, Stolz auf die Vergangenheit und das wieder- 
erwachte Vertrauen in die Zukunft als die psychologischen Wurzeln unserer 
durch die Annexion eingeleiteten neueren Politik bloßgelegt werden, freuen 
wir uns eines solchen wachsenden Verständnisses für das innere Leben 
unserer Monarchie. Nur an die Versuche, den Umfang der Selbständigkeit 
unserer Politik zu definieren, wollen wir einige Bemerkungen knüpfen. 
Internationale Beziehungen können nur auf streng prinzipieller Gegen- 
seitigkeit beruhen. Wir haben nichts dagegen einzuwenden, daß England 
seine fernere Haltung von dem individuellen Charakter unserer Politik 
abhängig macht, der in der Tat der hierfür allein zulässige Maßstab ist. 
Dasselbe Recht nehmen aber selbstverständlich auch wir für uns in An- 
spruch. Auch wir werden unser Verhältnis zu England lediglich danach 
beurteilen sund einrichten, ob die englische Politik eine entgegenkommende, 
konziliante, kurz, auf Einvernehmen abzielende Haltung einnehmen, oder 
aber, wie es in der Annexionskrise der Fall war, Rücksichten walten lassen 
wird, die sich in nur losem Zusammenhang mit den auf uns bezüglichen 
Traditionen und den bisherigen Prinzipien der englischen Politik befinden."“ 
7. September. Minister Bienerth empfängt in Wien die 
Vertreter der deutsch-böhmischen Abgeordneten. 
Diese bezeichneten als Voraussetzung für das Einstellen der deutschen 
Obstruktion im böhmischen Landtage eine Reorganisation der böhmischen 
Landesverwaltung nach zwei Richtungen: erstens Beseitigung des Miß- 
standes, daß den tschechischen Landesausschußbeisitzern deutsche Angelegen- 
heiten anvertraut wurden; zweitens, daß fast 95 vom Hundert der böh- 
mischen Landesbeamten Tschechen sind. Die Frage des Ablassens von der 
Obstruktion komme aber für die Deutschen nur insoweit in Betracht, als 
es sich um die Konstituierung des Landtages handle. Für ihr weiteres 
Verhalten im böhmischen Landtage müßten sich die Deutschen völlig freie 
Hand wahren. 
8. September. Der Deutsche Kaiser trifft zu den österreichi- 
schen Kaisermanövern in Groß-Meseritsch ein. 
9. September. Tschechisch--deutsche Versöhnungsversuche. 
Die nach Wien berufenen Vertreter der tschechischen Fraktion 
erklären dem Minister Bienerth, daß sie vor dem Zusammentritt des böh- 
mischen Landtages auf keine Versöhnungsverhandlungen mit den Deutschen 
Böhmens eingehen werden. 
10. September. Nach herzlicher Verabschiedung von Kaiser 
Franz Joseph reist der Deutsche Kaiser vom Manöverfelde in Groß- 
Meseritsch nach Karlsruhe zurück. 
13. September. Durch kaiserliches Patent werden die Land- 
tage von Dalmatien, Galizien, Nieder-Oesterreich, Salzburg, Steier- 
mark, Vorarlberg, Istrien und Triest auf den 16. November ein- 
berufen. 
16. September. (Wien.) Beratung derchristlich-sozialen Reichs- 
rats= und Landtagsabgeordneten. 
 
	        
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