Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1909. (50)

Spanien. (August 2.—26.) 447 
Gegenständen angetroffen wurden, werden nach der Festung Montjuich 
bei Barcelona geschafft. Ein Kriegsgericht beginnt die Untersuchungen 
gegen die Rebellen. Nach der Schätzung des Generalkapitäns beträgt die 
Zahl der Toten annähernd 1000, die Zahl der Verwundeten 2500; ge- 
fangen gesetzt sind 300. Nach Berichten deutscher Residenten sind aber 
diese Angaben übertrieben. Zerstört sind 38 Kirchen und Klöster und 
eine von Mönchen betriebene Likörfabrik. Tote soll es nur 150 und Ver- 
wundete etwa 500 gegeben haben. Die Zahl der Gefangenen auf der 
Feste Montjuich beträgt 412, in der Stadt 101. 
2. August. Der Versuch, in Madrid einen allgemeinen Aus- 
stand der Arbeiter durchzuführen, scheitert. 
6. August. Der König ernennt den Abgeordneten Crispo 
Azorin zum Gouverneur von Barcelona. 
Mitte August. Der Krieg gegen die Kabylen. 
Trotz aller Vertuschungsversuche wird bekannt, daß General 
Marina gegen Ende Juli, besonders am 27. Juli, schwere Verluste er- 
litten hat. Man schließt das auch aus den Verstärkungen, die nach 
Marokko gesandt sind und den nach der amtlichen Aufstellung dem General 
Marina zur Verfügung stehenden Truppen; diese betragen: 22170 Mann 
Infanterie, 1000 Mann Kavallerie, 2000 Mann Artillerie, 670 Pioniere, 
400 Mann der Telegraphenabteilung, 115 Mann von der Luftschiffer- 
abteilung, 160 Eisenbahner, 900 Mann Train und 230 Sanitätssoldaten, 
zusammen also etwa 27500 Mann, ferner an Material: 1856 Pferde, 
265 Zug= und 2750 Last-Maultiere, 28 Maschinengewehre, 20 Schnell- 
feuerkanonen, 36 Berggeschütze, 2. Fesselballons, 48 optische, 12 elektrische, 
8 telephonische, 8 akustische Stationen, 18 Fernsprecher und 128 km 
Leitungsdraht, 6 Scheinwerfer und Zelte für 34000 Mann. 
17. August. In Barcelona findet die erste standrechtliche 
Erschießung eines Anarchisten wegen Teilnahme am Aufstande statt. 
Der Belagerungszustand wird aufgehoben; wie für ganz 
Spanien bleibt aber die Aufhebung der Verfassungsbürgschaften bestehen. 
23. August. In Barcelona werden 94 von der Ardbeiter- 
bevölkerung besuchte weltliche Schulen geschlossen. Der Leiter des 
Vereins „Moderne Schule“, Ferrer, der schon gelegentlich des 
Bombenattentats am Hochzeitstage des Königspaares in Verdacht 
geraten war, wird gefangen gesetzt. 
26. August. Erfolge in Marokko. 
In ganz Spanien erregt die Nachricht von der Besetzung der Punta 
Queviana und des strategisch wichtigen, Arkemanchene beherrschenden Sokkos 
el Arba allgemeine Befriedigung, da man hofft, dadurch einerseits den 
Feind zu zersplittern und nach der Ebene zu locken, anderseits die Kebdana- 
kabylen zu zwingen, weiterhin neutral zu bleiben. 
26. August. Die Verhaftungen und Ausweisungen in Cata- 
lonien erreichen die Zahl von 1000. 
Auffallend ist die große Zahl von ausgewiesenen Lehrern solcher 
Schulen, die sich dem religiösen Bekenntnis gegenüber neutral verhalten 
und den Klosterschulen Konkurrenz machen.
	        
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