Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1909. (50)

Grofbritamien. (November 23.—Dezember 2.) 487 
mächtig emporblühten. Durch die Drohungen gegen die Verfassungsrechte 
der Peers sei er nicht sonderlich berührt. Diese Drohungen seien schon 
ausgestoßen worden, bevor man von diesem Budget noch etwas geträumt 
habe. Der jetzige Kampf habe kommen müssen, und er mahne die Peers, 
ihrer Verantwortung nicht auszuweichen. Das Schädlichste, was die Peers 
tun könnten, würde sein, diejenigen zu enttäuschen, die auf sie als die 
Hüter ihres größten Verfassungsrechtes blickten, nämlich des Rechtes, be- 
fragt zu werden, wenn von der Regierung eine grundlegende politische 
Aenderung vorgeschlagen wird. Der Lordkanzler beantwortet die Rede 
des Oppostionbführen der von diesem vorgeschlagene Schritt stürze jede 
parlamentarische Ueberlieferung um, und wenn er auch vielleicht zulässig 
und gesetzlich sei, so sei er doch vom Standpunkt des Verfassungsrechtes 
aus verkehrt. Die Ablehnung des Budgets bedeute die Ablehnung des 
Jahresbedarfs, aber Lord Lansdowne scheine zu meinen, auf ein kleines 
Chaos komme es nicht an. Die Ablehnung würde ein direkter Eingriff 
in die Vorrechte der Krone und die Privilegien des Unterhauses sein, und 
man verlange, daß eine Berfassung umgestürzt werde, die der Gegenstand 
des Neides für alle Nationen der Welt sei. Daß dem Oberhause solche 
Machtbefugnisse verliehen würden und das Unterhaus und die Regierung 
auf die Gnade der Lords angewiesen wären, das könne kein weiser Mann 
wünschen, und kein Mann von Geist würde sich dem unterwerfen. Was 
Lord Lansdowne vorschlage, sei ein Schritt zur staatsrechtlichen Revolution. 
23. November. (Oberhaus.) Fortsetzung der Debatte über 
die Finanzreform. 
Lord Cromer erklärt, daß er sich der Abstimmung enthalten wolle, 
weil er die Vorlage zwar mißbillige, aber ihre Ablehnung nicht wünsche, 
weil dann langdauernde, heftige Kämpfe bevorständen, die auch die ge- 
mäßigten Liberalen sich nicht früher zufrieden geben könnten, bis nicht 
nur die Zusammensetzung sondern auch die Befugnisse des Oberhauses tat- 
sächlich geändert würden. 
Im weiteren Verlaufe der Beratung am 24. November sagt der 
Erzbischof von Canterbury, daß er und die Bischöfe neutral bleiben 
würden. Lord Rosebery verurteilt das Budget zwar in heftigster Weise, 
erklärt aber, die von Lansdowne eingebrachte Resolution nicht unterstützen 
zu können. 
26. November. Durch ein Kompromiß der beiden Häuser des 
Parlaments kommt das irische Landgesetz zustande. 
30. November. (Oberhaus.) Der Antrag Lord Lansdownes, 
nicht zur zweiten Lesung der Vorlage zu schreiten, bevor die Wähler 
Gelegenheit hätten, sich darüber zu äußern, wird mit 375 gegen 75 
Stimmen angenommen. 
1. Dezember. Als Nachfolger des Admirals John Fisher 
wird Admiral Wilson zum ersten See-Lord ernannt. 
2. Dezember. (Unterhaus.) Premierminister Asquith teilt 
mit, daß der König seinen Rat, das Parlament sobald wie mög- 
lich aufzulösen, angenommen habe. Das Haus stimmt mit 349 
gegen 134 Stimmen der Erklärung des Premierministers zu und 
vertagt sich bis zu der für Anfang Januar zu erwartenden Auflösung.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.