Irankreiq. (Mai 25. — Juni 17.) 503
25. Mai. Marineuntersuchungskommission.
Minister Briand teilt dem Ministerrat mit, die Marineuntersuchungs-
kommission habe gegen den Direktor der Marinegenieschule Dupont eine
Klage wegen ungesetzlicher Vorenthaltung amtlicher Schriftstücke eingereicht.
Dupont soll, als er Direktor im Ministerium Thomson war, einen Bericht
beseitigt haben, der von dem Versuch eines Beamten einer metallurgischen
Fabrik an der Loire, einen Marinekontrolleur zu bestechen, handelt. Der
Marineminister Picard erklärte sich bereit, die notwendigen Maßnahmen
bezüglich Duponts zu treffen.
26. Mai. Heeresvermehrung.
Die Heereskommission des Senats genehmigte die im Regierungs-
entwurf vorgesehenen 120 Geschütze für jedes Armeekorps, drückte aber den
Wunsch aus, diese Zahl möchte auf 144 erhöht werden gemäß den zur
Berfügung stehenden Mannschaften und Krediten. Die Kommission lehnte
die geforderten drei Artillerieregimenter für jedes Armeekorps ab und be-
willigte zwei, im ganzen 42 Artillerieregimenter, ferner je zwei Regimenter
schwere und Gebirgsartillerie, so daß der Gesamtbestand sich auf 46 Ar-
tillerieregimenter, sechs mehr als bisher belaufen würde.
27. Mai. Präßident Fallières empfängt die marokkanische
Sondergesandtschaft in Audienz.
27. Mai. Der obere Marinerat beschließt über notwendige
Schiffsbauten.
Frankreich müsse in den Jahren 1909 bis 1920 33 Schlachtschiffe
von 22500 Tonnen bauen und die sechs Schlachtschiffe vom Typ Danton
vollenden. retn kämen noch die sechs andern Schiffe vom Typ Patrie,
so daß die französische Flotte im Jahre 1920 45 Schlachtschiffe besäße.
Als Ausrüstung werden für jedes Schlachtschiff zwölf 30 cm- und acht-
zehn 14,5 cm.-Geschütze vorgeschlagen. Die gesamten Kosten werden auf
2145000 000 Franken veranschlagt.
13. Juni. Gegen den neuen Erzbischof von Bordeaux, Kardinal
Andrieu, ordnet im Auftrage des Justizministers der Staatsanwalt
auf Grund des Trennungsgesetzes die strafrechtliche Verfolgung an,
weil er in seiner Antrittspredigt in der Kathedrale von Bordeaur
die Katholiken zum Widerstande gegen das Gesetz aufgereizt habe.
17. Juni. (Kammer.) Auf der Tagesordnung stehen die
Interpellationen der Abgeordneten Delahaye und Groussau (Rechte),
Jaures und Vaillant (Sozialisten), Gauthier de Clagny (Natio-
nalist) und Reinach (Demokratische Union) über die allgemeine
Politik der Regierung.
Delahavpe hält eine heftige Philippika gegen das republikanische
Regiment von heute im allgemeinen und die Politik des Kabinetts Cle-
menceau im besonderen, als die Wurzel aller Uebel, an denen heute Frank-
reich leide, vom Postausstand angefangen bis zu den jüngsten Marine- und
andern Skandalen. Die Senatoren und Abgeordneten kennten nur eine
Sorge: ihr persönliches Interesse und dafür wäsche eine Hand die andere.
Alles sei der Willkür oder finanziellen Gelüsten preisgegeben. Daher auch
schon das erste Grollen einer Revolution, Mißachtung gegen dies Regiment