Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1909. (50)

Pelsien. (Dezember 24. 30.) 543 
löst habe durch Schaffung der Kolonie in Afrika, der er den Frieden ge- 
sichert und die er für die Zivilisation geöffnet habe. Leopold II. habe den 
Willen gehabt, die wirtschaftliche Zukunft des Landes auf eine solide Grund- 
lage zu stellen. Die Erfüllung dieser Aufgabe habe ihm sein starker Wille 
erleichtert. Für Belgien ist der Augenblick gekommen, die Notwendigkeiten 
der Zukunft ins Auge zu fassen, da seine Entwickelung in den letzten fünf- 
undzwanzig Jahren die weitgehendste Hoffnung seiner Gründer überstiegen 
hat. Belgien ist glücklich und reich, aber Reichtum schafft Pflichten der 
Völker gegenüber den Individuen. Nur die intellektuellen und moralischen 
Kräfte einer Nation begründen ihr Glück. Man müsse an den traditionellen 
Grundsätzen, an den konstitutionellen Freiheiten und an der Unabhängig- 
keit festhalten und die öffentlichen Angelegenheiten mit Weisheit fördern. 
Im Kongostaate seien die Wege zu einer Politik der Humani- 
tät und des Fortschritts geebnet; jedem Volk, das von Gerechtigkeit 
durchdrungen sei, bedeute die kolonisatorische Mission eine Mission hoher 
Zivilisation. Ein kleines Land, das sie fördere, zeige sich groß. Belgien 
habe stets seine Versprechungen gehalten, und wenn es die Verpflichtung 
übernehme, im Kongo ein Programm durchzuführen, so habe niemand das 
Recht, an seinem Wort zu zweifeln.“ Am Schlusse der Thronrede sagt 
der König: „Ich habe eine klare Vorstellung von meiner Aufgabe. Die 
Pflicht der Fürsten wird ihnen vom Gewissen diktiert. Wenn der Thron 
Vorteile bietet, dann verpflichtet er auch. Der Souverän muß über den 
Parteien stehen, er muß wachen über die nationale Kraft, er muß hören 
auf die Stimme des Volkes, das Schicksal der Armen erleichtern, kurz, der 
Herrscher muß ein Diener des Rechtes und Erhalter des sozialen Friedens 
sein. Gott möge mir helfen, diese Mission zu erfüllen! Ich werde stets 
bereit sein, die Bemühungen derer zu unterstützen, die für die Größe des 
Vaterlandes arbeiten und vom Geiste sozialer Einigkeit und sozialen Fort- 
schritts durchdrungen sind, die das intellektuelle und moralische Niveau 
heben und Unterricht und Erziehung erweitern wollen, um einen größeren 
Wohlstand der Nation zu sichern. Ich liebe Mein Vaterland, und die 
Königin teilt diese Gefühle der Treue für Belgien. Wir erfüllen mit 
diesem Geist Unsere Kinder und wecken in ihnen die Liebe zum heimat- 
lichen Boden, zur Familie, zur Arbeit und zum Guten. Diese Tugenden 
machen die Nationen stark." 
A. Dezember. König Albert erläßt eine Amnestie, wodurch 
Strafen bis zu zwei Jahren um einige Monate gekürzt werden. 
24. Dezember. Der König bat das Ministerium, das ihm 
seine Portefeuilles zur Verfügung stellte, im Amte zu bleiben. 
30. Dezember. Die internationale diplomatische Konferenz 
zur Regelung der Waffeneinfuhr in Afrika beendet ihre Sitzungen 
ohne eine Einigung zu erzielen. Namentlich konnte man sich über 
die Regelung der Zollfragen und die Höhe der erlaubten Einfuhr 
nicht einigen.
	        
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