Das Nenische Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 30. Februar 1.) 49
die Gemarkungsnamen und den Verschnitt der Weine in scharfer
Fassung an.
* 15 erhält die Fassung: „Bei Schaumwein, dessen Kohlensäure-
gehalt ganz oder teilweise auf einem Zusatz von Kohlensäure beruht, muß
die Bezeichnung die Herstellungsart ersehen lassen.“ § 16 verlangt für
Kognak und Kognakverschnitte einen Alkoholgehalt von mindestens 38 %
und erlaubt die Bezeichnung als Kognakverschnitt nur dann, wenn min-
destens ein Zehntel des Alkoholgehaltes aus Wein gewonnen ist.
30. Januar. Kolonialangelegenheiten im Reichstag.
Der Abg. Erzberger (Ztr.) griff bei der Denkschrift über die
Kolonialanleihen den Staatssekretär Dernburg heftig an. Dieser habe sich
bei seinem letzten Vortrag als Kurstreiber für die Otavi-Minen gezeigt.
Eine wahnsinnige Spekulation habe infolge des Vortrages eingesetzt. Er
habe eine Prospektrede gehalten. Der Staatssekretär wies diese An-
griffe ab. Er habe sich auf die Tatsache des Geschäftsberichtes der Gesell-
schaft gestützt, von deren Zukunft aber nicht gesprochen, sogar mit Absicht
die Gewinnziffar verschwiegen. Nicht seine Rede, sondern andere Gründe
haben die Kurssteigerung bewirkt. Wenn diese aber auch überstürzt sei,
so sei sie doch ein Zeichen erwachenden kolonialen Interesses. Die Denk-
schrift ist damit erledigt. Bei der Uebersicht der Kolonialrechnung für
1904 soll Indemnität für die Ueberschreitungen (Bahn Windhuk-Rehoboth,
Firma A. Koppel) erteilt werden. Bassermann (nul.) verlangt namentliche
Abstimmung. Erzberger (Ztr.) fordert die Zurückverweisung an die
Kommission zur schriftlichen Berichterstattung. Graf Oriola (nl.) be-
zweifelt die Beschlußfähigkeit des Hauses. Der Vizepräsident Dr. Paasche
und die Schriftführer schließen sich dem Zweifel an. Das Haus muß sich
also vertagen.
30. Januar. In einem Berliner Telegramm der „Kölnischen
Zeitung“ wird auf den Unterschied zwischen dem entgegenkommenden
Ton der türkischen Note und dem ziemlich schroffen Ton der
bulgarischen Erwiderung hingewiesen.
Bulgarien stellt das Angebot von 82 Millionen Franken als das
äußerste mögliche Zugeständnis hin, und auch das nur unter der Voraus-
setzung, daß die Anerkennung der Unabhängigkeit Bulgariens in kürzester
Zeit erfolge. Da die Türkei mit ihrer Forderung auf hundert Millionen
Franks herabgegangen sei, so wäre es in der Tat eine Ungeheuerlichkeit,
wegen achtzehn Millionen Franken, die man in diesem Falle im Vergleich
zu den bedrohten großen Interessen als eine Lumperei bezeichnen kann,
zu den Waffen zu greifen.
1. Februar. (Zur Reichsfinanzreform.) Die „Kölnische
Zeitung“ bringt das folgende offiziöse Telegramm aus Berlin:
Die in der letzten Zeit in der Presse aufgetauchte Nachricht, die
Reichsregierung sei geneigt, in der Frage der Nachlaßsteuer ihre Stellung
zu ändern, wird uns an zuständiger Stelle als durchaus unzutreffend be-
zeichnet. Die Reichsregierung hält vielmehr an der Nachlaßsteuer fest.
Sollte diese im Rahmen der Reichsfinanzreform im Reichstag keine An-
nahme erhalten, so wird es den Parteien, die sie ablehnen, überlassen
werden, einen Ersatz dafür zu finden. Sie werden auch die Verantwortung
dafür zu tragen haben, wenn es alsdann nicht gelingt, bei der jetzigen
Europäischer Geschichtsfalender. I. 4