Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1909. (50)

654 Ifrika. (Februar 15.—März 4.) 
Formen für die Ablegung des Treueides dieselben wie im britischen 
Parlament. 
Jede der Provinzen, die den jetzt bestehenden Kolonien entsprechen 
werden, soll von einem durch den General-Statthalter zu ernennenden 
Administrator, einem ausführenden Ausschuß und einem Provinziallandtag 
verwaltet werden. Die Befugnisse des letzteren sind im einzelnen genau 
festgelegt. Pretoria wird der Sitz der Regierung und des General-Statt- 
halters werden und Kapstadt der Sitz des Parlaments. Provinzialhaupt- 
städte bleiben Kapstadt, Pretoria, Bloemfontein und Pietermaritzburg. 
Englisch und Holländisch sollen beide die amtlich gebrauchten Sprachen 
sein und sich gleicher Rechte und Vorzüge erfreuen. Ein Oberster Gerichts- 
hof für Südafrika wird eingerichtet werden, dessen Unterabteilungen die 
Obersten Gerichtshöfe in den Kolonien bilden sollen. Alle Berufungen 
gehen an den Obersten Gerichtshof für Südafrika. Eine Berufung von 
diesem an den Geheimen Rat in London ist nur statthaft in Fällen, wo 
der Geheime Rat besondere Erlaubnis dazu erteilt hat. Die Bundes- 
regierung wird die Schulden der jetzigen Kolonien zu einem künftigen 
Zeitpunkt übernehmen. Die Verwaltung der Eisenbahnen wird einer be- 
sondern Kommission übertragen. Die Provinziallandtage sollen die Leitung 
des Unterrichtswesens, ausgenommen des höhern, fünf Jahre behalten, 
doch sind alle ihre Verfügungen in dieser wie in anderer Angelegenheit 
dem Veto des General-Statthalters unterworfen. 
Es wird ferner Vorsorge getroffen für die Uebernahme der Schutz- 
gebiete (Betschuanenland usw.) durch die Bundesregierung in absehbarer 
Zeit, auf Grund von Bestimmungen, die in der Verfassung niedergelegt 
sind. Das Parlament kann schließlich mit gewissen Vorbehalten Zusätze 
zur Verfassung machen, doch dürfen weder die Bestimmungen über die 
Sprache noch die Grundlage der Vertretung im Bundes--Parlamente ge- 
ändert werden, es sei denn durch einen Beschluß der Zweidrittelmehrheit in 
beiden Parlamenten. 
15. Februar. (Deutsch-Südwestafrika.) Schiedsgericht über 
Grenzfragen. 
Der König von Spanien nimmt den Vorschlag der Botschafter Eng- 
lands und Deutschlands an, einen Schiedsrichter zur Entscheidung der 
Grenzfrage zwischen den beiderseitigen Besitzungen in Südafrika zu er- 
nennen. Es handelt sich um die Südgrenze der Walfischbai. Diese Er- 
nennung eines Schiedsrichters entspricht den Bestimmungen des dritten 
Paragraphen des englisch-deutschen Abkommens vom 1. Juli 1890. Es 
heißt darin: „Die Festlegung der südlichen Grenze des britischen Gebiets 
der Walfischbucht wird einem Schiedsspruche vorbehalten, wenn nicht diese 
Frage durch Uebereinkommen der beiden Mächte innerhalb zweier Jahre 
nach Abschluß dieses Abkommens erledigt sein sollte.“ 
16. Februar. (Egyptischer Sudan.) Der Sultan Ali Dinar 
von Darfur, ein Vasall des englisch-egyptischen Sudan, befiegt seinen 
langjährigen Gegner den Scheich Senein und annektiert sein Gebiet. 
20. Februar. (Deutsch-Südwestafrika.) Das amtliche 
deutsche Kolonialblatt veröffentlicht eine Verordnung des Reichs- 
kanzlers über die Selbstverwaltung in Südwestafrika. 
4. März. (Alexandrien.) Die deutsche Schule wurde 1908 
von 115 Schülern besucht, unter denen sich 46 reichsdeutsche Kinder 
 
	        
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