Mebersicht über die politische Eutwichelung des Jahres 1900. 715
menen Zolltarif zustande, der von dem Antragsteller Payne seinen
Namen hat. Darin werden zwar in den meisten Rubriken Er-
mäßigungen des Einfuhrzolles und nur in einer Minderheit starke
Erhöhungen festgesetzt. Aber diese Verstärkungen des Schutzzolles
betreffen fast alle Einfuhrwaren von Bedeutung, während die Er-
mäßigungen auf fast gar nicht gangbare Waren entfallen. Außer-
dem wird allen Ländern, die Amerika ungünstiger behandeln
als andere Länder mit dem Zuschlag eines ad valorem Zolles in
Höhe von 25 Prozent gedroht. Dagegen wurden die angekündigten
Reformen der Währungs= und Bankgesetze sowie die Aenderung
der Eisenbahnen- und Antitrustgesetze vertagt. Ein neuer Zug
kommt in die amerikanische Handelspolitik durch die systematische
Förderung des Warenaustausches mit China und mit dem süd-
amerikanischen Kontinent. Durch das energische Vorgehen des
Staatssekretärs Knox entspringen daraus diplomatische Verwicke-
lungen.
In China setzten die Vereinigten Staaten den Hebel bei den
projektierten Eisenbahnbauten an. Die Beteiligung amerikanischen
Kapitals an den chinefischen Bahnbauten wurde durchgesetzt und
für die Mandschurei mit Berufung auf das Prinzip der offenen
Tür Projekte gefördert, die den Russen und Japanern gleich un-
bequem waren. Mit diesen Plänen hängt der Vorschlag, auf
Hawai den Pearlhafen zum Stützpunkt der pacifischen Flotte aus-
zubauen und die Ueberlassung der Verteidigung der Philippinen
an die Landarmee zusammen. Auch auf Spitzbergen will Amerika
die durch die Erwerbung von Kohlenminen geschaffenen Rechte ver-
teidigen. Diese weltpolitischen Vorstöße haben für die Zukunft
eine größere Bedeutung als für die augenblickliche Situation. Für
die Erweiterung des Einflusses in Südamerika ist der Interventions-
versuch in Nikaragua beachtenswert.
In seiner inneren Entwickelung machte die Union durch Auf-
nahme von Arizona und Neu-Mexiko als Staaten weitere Fort-
schritte. Außer Columbia, Alaska und Hawai gibt es jetzt nur
noch Staaten und keine Territorien mehr. Der Bau des Panama-
kanals soll so gefördert werden, daß am 1. Januar 1915 die Er-
ôöffnung erfolgen kann.