Das Dentsqe Reic und seine einzelnen Elieder. (Januar 8.—10.) 3
Anfang Januar. Auswanderung über Bremen und Hamburg.
Die Gesamtzahl der Auswanderer über See betrug im Jahre 1909
316337 gegen 174676 im Jahre 1908, 445 188 im Jahre 1907, 401299
im Jahre 1906 und 330 231 im Jahre 1905. Die Zahl der deutschen
Auswanderer betrug 34 979.
8. Januar. Die „Deutsche Tageszeitung“ gegen Dernburg.
Das Organ des Bundes der Landwirte gibt der angeblich weit-
verbreiteten Besürchtung Ausdruck, daß die Dernburgische Kolonialpolitik
Gefahr laufe, „mehr kapitalistisch als national zu werden“. Falls er diese
Befürchtung nicht beseitige, droht sie ihm, den „Kampf mit der gebotenen
Entschiedenheit weiterführen zu müssen“.
8. Januar. (Frankfurt a. Main.) Eine Versammlung,
zu der sich der National-soziale Wahlverein, der Demokratische
Verein und der Verein der Fortschrittsparteien vereinigt hatte,
nimmt eine Resolution an für die Ubertragung des Reichstags-
wahlrechts auf Preußen und für eine der Bevölkerungszahl ent-
sprechende Neubegrenzung der Wahlkreise.
9. Januar. (Elsaß-Lothringen.) Der Streit über die
Befugnis der Bischöfe, den Elementarlehrern Vorschriften zu machen,
veranlaßt den Statthalter zu einem Schreiben an Bischof Dr. Fritzen.
Die Schlußerklärung des Bischofs in seinem Schreiben vom 13. Januar
lautet: „Ich kann nicht anerkennen, daß ich durch die Warnung an die
katholischen Lehrer, bei der ich nur die religiöse Seite der Frage im Auge
hatte, die Grenzen der bischöflichen Gewalt überschritten habe. Nach diesem
beiderseitigen wiederholten Meinungsaustausche, der bei der Verschiedenheit
unserer Gesichtspunkte schwerlich zu einem anderen Ergebnis in der Theorie
führen wird, hege ich trotzdem die Hoffnung, daß in der Praxis, wie es
für die Vergangenheit der Fall war, so auch in Zukunft unserem Lande
der Segen eines ungetrübten religiösen Friedens voll und ganz erhalten
bleiben wird."“
10. Januar. Der „Kölnischen Zeitung“ wird aus Berlin
telegraphiert, daß auch die deutsche Antwort auf die amerikanische
Anregung wegen des Ankaufs der mandschurischen Eisenbahnen zu-
gunsten Chinas wie die englische ein grundsätzliches Einverständnis
ausspricht,
da der amerikanische Vorschlag durchaus den Grundsätzen der offenen
Tür und der Gleichberechtigung für alle entspricht. Allerdings hatte die
englische Antwort das Einverständnis von der vorgängigen Zustimmung
der beiden Hauptbeteiligten, Japan und Rußland, abhängig gemacht.
10. Januar. (Baden.) Die Regierung legt dem Landtag
eine Denkschrift über den Otto-Heinrichs-Bau des Heidelberger
Schlosses vor.
Mit Aufgabe der früheren Pläne soll das Bauwerk genau in seinem
jetzigen Zustande erhalten und nur gegen Winddruck und Verwitterung
soweit geschützt werden, wie dies ohne Ausbau und Bedachung möglich ist.
Die Kosten sind auf 300000 Mark veranschlagt.
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