30 Vas Veusche Reich und seine einjelnen Glirder. (Januar 15.)
Wann wird endlich die Ausmerzung der polnischen Sprache aus unseren
Schulen im Osten aufhören? Gerade der Kultusminister hat es in der
Hand, Besserung in den Ostmarken eintreten zu lassen. Darum bitte ich ihn.
Abg. Dr. Friedberg (Nl.): Der Finanzminister hat vor dem Reichs-
tag eine tiefe Verbeugung gemacht, weil er die gestundeten Matrikular-
beiträge den Einzelstaaten abgenommen hat. Das war recht unbegründet,
denn diese Beiträge sind lediglich auf die Reichsschuld übernommen worden.
Das hätten wir in Preußen auch gekonnt. Trotzdem hat der Finanzminister
seinen Rüffel von Herrn v. Pappenheim bekommen, weil die Regierung das
Volk nicht gehörig über den Segen der Finanzreform aufgeklärt habe.
Wäre die Finanzreform eine gute Sache, so würde sie sich von selbst em-
pfehlen, aber sie ist in sozialpolitischer Hinsicht das unglücklichste Kind, das
je geboren ist. Wir werden die Bevölkerung darüber aufklären, daß die
Konservativen eine gesunde Finanzreform verhindert haben. Die Frage der
Schiffahrtsabgaben mit den anderen Bundesstaaten befriedigend zu regeln,
wird Aufgabe unserer Gesandten bei diesen Staaten sein. Wunderbar ist
es, daß man hier vor einer Verfassungsänderung nicht zurückschreckt, wie
man es bezüglich der mecklenburgischen Frage tut. Der Abg. Friedberg
ging dann auf die Etats der Einzelministerien ein. Er forderte Ausbau
des Wasserrechts und größere Selbständigkeit der Kommunalverwaltungen.
Des weiteren kam er auf die Einführungsworte des Ministerpräsidenten zu
sprechen. Seine Partei will ihm ohne Mißtrauen begegnen, ihn aber nach
den Taten beurteilen. Er machte ihm und dem Minister des Innern zum
Vorwurf, daß die Regierung eine konservative Parteiregierung sei. Unter
der Leitung des Herrn v. Moltke werden nur konservative Männer in die
Verwaltung aufgenommen.
Minister des Innern v. Moltke: Der Vorredner hat mich nach dem
Stande der Vorarbeiten zur Verwaltungsreform gefragt. Die dafür nieder-
gesetzte Kommission ist in voller Tätigkeit und hat ihre Arbeiten an ver-
schiedene Unterausschüsse verteilt. Erstens einen Ausschuß für die Verein-
fachung des Geschäfisverfahrens, zweitens einen Ausschuß für die Schulden-
verwaltungen, drittens für die landwirtschaftlichen Verwaltungen, viertens
für die Finanzverwaltungen, für das Versicherungs-, das Kassen= und
Rechnungswesen, fünfteus ist ein Zentralausschuß für die Frage der Dezen-
tralisation gebildet worden, sechstens ein Ausschuß für das Rechtsmittelwesen.
Die Ausschüsse haben sich eingehend mit den gemachten Vorlagen beschäftigt.
Der Ausschuß für die Vereinfachung des Geschäftsverfahrens hat verschiedene
Vorschläge ausgearbeitet und diese sollen dem Könige unterbreitet werden,
worauf sich das Staatsministerium weiter damit beschäftigen wird. Ich
bin davon überzeugt, daß ein erheblich schnellerer Ausbau der gestellten
Aufgaben bei den Verwaltungsbehörden dadurch möglich sein wird, und
eine Ersparnis nicht nur an Zeit, sondern auch an Kräften stattfinden wird.
Der Abg. Friedberg hat weiter mit Recht darauf aufmerksam gemacht, daß
viele Materien schon mit Erfolg dezentralisiert worden sind. Auch in
meinem Ressort hat sich eine große Anzahl von Geschäften herausgestellt,
die von einer unteren Stelle besser bearbeitet werden können oder auch von
den Organen der Selbstverwaltung. Jedenfalls wird mit allen Kräften an
der Lösung dieser ganzen Aufsgabe gearbeitet.
Abg. Herold (3.) machte aufmerksam, daß in Herrn v. Rheinbabens
Etatsrede zum ersten Male von seiten der Regierung dem Reichstage für
die Finanzreform Dank ausgesprochen worden sei. Redner polemisierte
dann lange und sehr heftig und unter dauerndem Lärm gegen die Haltung
der nationalliberalen Partei in der Frage der Finanzreform. Geheimes
Wahlrecht müsse nicht nur für den Landtag, sondern auch für die Kom-