Das Penisqe Reih und seine einzelnen Glieder. (Dezember 13.) 443
gemischt hätte. Wem war denn Moabit ein gefundenes Fressen, um
politische Geschäfte zu machen? Der schwarz-blaue Block, der bedurfte ein
solches Moabit. Sie wollten Stimmungsmache haben. Sie wollten etwas
gegen die bösen Sozialdemokraten. Und nun müssen Sie eine solche Ent-
täuschung erleben. Die Sache ist Ihnen gründlich vorbeigeglückt. Und nun
haben die Polizeibeamten sogar noch Orden bekommen, und die Richter
sehen sich in der Zwangslage, die Dekorierten zu verurteilen. Feststeht:
entweder hat der Reichskanzler den Bericht nicht gelesen, oder er war nicht
informiert, das ist der mildere Fall.
Ein soziales Königtum werden wir unterstützen. Der Reichskanzler
wird uns dann zu Bundesgenossen haben, während die Herren von der
Rechten in der Opposition sein werden. Das ist der einzige Weg, die
Monarchie in Deutschland zu festigen. Eine Monarchie kann sich nicht auf
eine kleine Kaste stützen. Eine Monarchie kann auf die Dauer nur bestehen,
wenn sie sich auf die Mehrheit des Volkes stützt. In Portugal ist die
Monarchie zusammengebrochen, weil sie sich in den Mantel der Ritter und
Mäönche hüllte. Wenn es in Deutschland Republikaner gibt und wenn
diese zunehmen, so ist das eine Folge Ihrer (zur Rechten) Politik. Sie
machen Republikaner, Tausende und Abertausende, und der Reichskanzler
hilft Ihnen dabei mit. Ich glaube zwar nicht, daß Sie belehrbar sind.
Ich glaube auch nicht, daß eine höhere Stelle belehrbar ist; die Hohen-
zollern sind nicht belehrbar. Aber Sie wollen keinen solchen Frieden. Wir
wollen nicht mit den Waffen kämpfen, die Sie gegen uns anwenden wollen,
aber wir werden dafür sorgen, daß unser Ziel erreicht wird, und zwar
durch Aufklärung. Wir wollen die Köpfe nicht abschlagen, sondern wir
wollen die Köpfe revolutionieren durch geistige Wasfen. Sie wollen uns
mit Ausnahmegesetzen niederschlagen. Der Reichskanzler Fürst Bismarck
war wahrhaftig aus anderem Holz geschnitzt als der Reichskanzler, der
gegenwärtig auf seinem Sessel sitzt. (Große Heiterkeit.) Er versuchte, die
Sozialdemokratie mit Ausnahmemitteln niederzuschlagen, als die Sozial-
demokratie noch schwach war, und der Effekt war, daß die Sozialdemokratie
heute die stärkste Partei ist. Glauben Sie, daß Bethmann das gegenüber
der Riesensozialdemokratie erreichen werde, was Bismarck nicht der kleinen
Sozialdemokratie gegenüber gelungen ist? Sie werden unsere Macht nicht
brechen. Die Sozialdemokratie ist unbezwingbar, sie könnte nur vernichtet
werden um den Preis der Vernichtung der deutschen Nation, der deutschen
Kultur. Um was wir jetzt kämpfen, ist nicht eine Parteifrage im engeren
Sinne, sondern es handelt sich um eine Schicksalsfrage des gesamten Volkes.
Es handelt sich darum, ob das Volk weiter die Herrschaft der Minderheit
ertragen kann. Diese Minderheit muß beseitigt werden, denn sie treibt
eine Politik auf eigene Vorteile. Die große Mehrheit des Volkes will sich
nicht mehr die Herrschaft einer kleinen Kaste gefallen lassen. Wenn sie
dann nicht mehr den Einfluß haben, wollen wir Ihnen gern die Gleich-
berechtigung lassen und wir wollen keine Ausnahmegesetze gegen Sie haben,
aber unser Ruf soll sein: Unser das Volk und unser der Sieg!
Reichskanzler v. Bethmann Hollweg: Von dem Abg. Dr. David
will ich nur ein paar Worte hervorheben, in denen er sich mit meinen
Ausführungen beschäftigt hat, die ich auf die Ausführungen des Abg. Scheide-
mann gemacht habe. Die Herren Sozialdemokraten meinen doch nicht etwa,
daß sie ein Vorrecht zur Besprechung der Moabiter Dinge in Anspruch
nehmen können. Nachdem von sozialdemokratischer Seite hier der Verdacht
ausgesprochen worden ist, wie es eben der Abg. David getan hat, die Moabiter
Krawalle seien durch die Polizeispitzel hervorgerufen, und nachdem hier
von sozialdemokratischer Seite ausdrücklich erklärt worden ist, die Moabiter