Großbritannien. (November 23.) 525
Unter diesen Umständen habe die britische Regierung keine Möglichkeit zu
einem anderen Vorgehen sehen können als der persischen Regierung mit-
zuteilen, daß, solange die Verhandlungen schwebten und solange nicht die
Rückstände an Zinsen bezahlt worden seien, die britische Regierung nicht
bereit sei, der Verpfändung irgendeines Teils der öffentlichen Einkünfte
seitens Persiens zuzustimmen. Als dann die Verhandlungen bezüglich des
gemeinsamen Darlehens gescheitert seien, sei am 7. April der persischen
Regierung durch die Gesandten Rußlands und Großbritanniens in Teheran
eine Note überreicht worden, in der der persischen Regierung mitgeteilt
worden sei, daß keine von den beiden Regierungen gegen ein Darlehen
von dritten Parteien opponieren würde, vorausgesetzt, daß die dargelegten
Bedingungen beobachtet würden. Seit diesem Zeitpunkt sei Persien keine
Mitteilung über Anleihen von privaten Quellen gemacht worden. Mehrere
Firmen und Persönlichkeiten seien jedoch an das Auswärtige Amt heran-
getreten, um die Ansichten der Regierung über diesen Gegenstand zu er-
fahren. In jedem Falle seien ihnen die in der Note vom 7. April nieder-
gelegten Bedingungen mitgeteilt und ihnen zugleich gesagt worden, daß
die Regierung an dieser Stellungnahme festhalten werde. Was die
augenblickliche Lage angehe, so habe die Regierung keine Schritte getan,
um irgendeiner speziellen Anleihe entgegenzutreten. In einem Fall lehnte
die Regierung es ab, eine Unterstützung zu gewähren. Es sei völlig klar,
daß sie sich die Befugnis vorbehalten müsse mit Rücksicht auf die Sicherung
der britischen Interessen, Unterstützung zu gewähren oder zu versagen.
Herschell schloß: Es sei bekannt, daß jetzt die Verhandlungen zwischen der
persischen Regierung und der Imperial Bank of Persia zwecks Aufnahme
einer Anleihe im Gange seien. In jedem Falle hieße es, eine vielleicht
wenig übertriebene Ansicht von der Sache zu hegen, wenn man den ge-
samten Zustand der Unruhe in Südpersien auf die Tatsache zurückführe,
daß sich die persische Regierung kein Geld verschaffen könne. Persien könne
Geld erhalten, wenn es gewillt sei, es unter vernünftigen Bedingungen zu
erlangen, ohne daß politische Bedingungen daran geknüpft seien.
Earl of Crewe erklärte: Die Regierung sei sich völlig der Schwierig-
keit bewußt, die stets mit der scheinbaren Einmischung in die inneren An-
gelegenheiten eines solchen Staates wie Persien verbunden sein müßten.
23. November. (London.) Dr. Crippen, der wegen Gatten-
mordes angeklagt war und nach einer abenteuerlichen Flucht mit
seiner Geliebten durch den Scharfblick des Kapitäns des Dampfers
„Montrose“ am 31. Juli gefaßt wurde, wird, entsprechend dem
Todesurteil vom 21. Oktober 1910, durch den Strang hingerichtet.
23. November. (Unterhaus.) Die Finanzöbill wird in dritter
Lesung angenommen.
23. November. Vorbereitung des Wahlkampfes.
Lloyd George hielt in St. Pancras eine Rede, beständig von
Anhängerinnen des Frauenstimmrechts unterbrochen, die auf das Dach ge-
klettert waren. Der Minister berührte die Tatsache, daß der auswärtige
Handel um 90 Millionen Pfund während des Jahres gestiegen sei und
erklärte, es sei eine bemerkenswerte Tatsache, daß Großbritannien mehr
wie je zuvor an Deutschland verkaufe. Ich wundere mich, fuhr der
Minister fort, warum der böse Deutsche unsere Waren kauft. Sie können
überzeugt sein, daß die gelbe Presse irgendwelche unheilvollen Beweggründe