Selsies. (März 16.—Mai 30.) 575
1 Million Franken für die Pensionskasse der invaliden Beamten der
Kongokolonie, 1 Million Franken zur Bekämpfung der Schlafkrankheit
und / Million Franken zum Bau von Hospitälern für die Eingeborenen
verwandt werden sollen.
16. März. (Kammer.) Kampfzölle gegen Frankreich.
Die Regierung beantragt im Hinblick auf den drohenden französischen
Zolltarif bei der Kammer eine Erhöhung der Zölle. Der Zoll für Schaum-
weine wird auf 200 Franken, für andere Weine auf 80, für Liköre auf
500 Franken für den Hektoliter, für Parfümerien auf 25 vom Hundert und
für Seide auf 20 vom Hundert des Fakturenwerts erhöht.
23. April. Eröffnung der Brüsseler Weltausstellung.
Fertig sind nur die deutsche und die japanische Abteilung. Letztere
ist aber nicht zugänglich, weil die sie umschließende französische Abteilung
noch weit im Rückstande ist.
27. April. (ammer.) Gegen das allgemeine gleiche Wahlrecht.
Zur Beratung stand ein Antrag der Sozialisten auf Einführung
des allgemeinen gleichen Wahlrechts als Ersatz des Pluralwahlsystems. Das
Plenum beschloß mit 72 gegen 58 Stimmen über den Antrag nicht zu
verhandeln.
30. April. Eröffnung des von Leopold II. errichteten Kolonial-
museums in Tervueren durch König Albert.
9. Mai. (Brüssel.) Weltkongreß der internationalen Ver-
einigungen.
14. Mai. Die deutsch-englisch-belgische Konferenz zur Re-
gulierung der Grenze im Osten des Kongo unterzeichnet einen
Grenzvertrag.
Die Grenze zwischen Deutsch-Ostafrika und der Kongokolonie bildet
der Rufisifluß und der Kiwusee. Die Insel Kwidjiri fällt an Belgien.
Dann geht die Grenzlinie östlich von Goma über den Karissimbigipfel bis
zum Sabiniogipfel, wo die deutsche, die englische und die belgische Grenze
zusammentreffen. Von dort läuft die Grenze zwischen dem Kongoterri-
torium und Uganda in gerader Linie über den Ugabuagipfel und den
Isasafluß entlang bis zum Eduardsee, folgt dem Fluß durch das Lubilital
bis Pit Marguerite, läuft wieder abwärts mit dem Lamiafluß und dem
Semliki bis zum Albertsee und durchschneidet diesen bis Mahagi, das Bel-
gien in Pacht hat. Belgien erhält das ganze Territorium nördlich des
Samliki und das Ostufer des Albertsees.
22. Mai. Wahlen der Hälfte der Abgeordneten.
Von den 85 Mandaten hatten die Klerikalen 50, die Liberalen 23
und die Sozialdemokraten 12 inne. Bis auf einen Sitz, den die Sozialisten
den Klerikalen abgewinnen, bleibt das Resultat das gleiche, obwohl die
Stimmen der Liberalen und Sozialisten sich stark vermehrt haben. Die
klerikale Majorität sinkt damit von 8 auf 6 Stimmen.
30. Mai. Hofklatsch in der Presse.
Die oppositionelle Presse ist unzufrieden, daß der erste offizielle
Besuch des Königspaares in Berlin erfolgt. Die liberale „Gazette"“ ent-
hüllt dabei, daß die deutsche Kaiserin durch ihre Frömmigkeit verhindert
worden sei, mit dem alten König Leopold, dessen Lebenswandel nicht ganz