Rußland. (Juni 10.—September 14.) 597
10. Juni. Der Unterrichtsminister Schwarz nimmt seinen
Abschied und wird durch den Rigaischen Kurator Prusch-Archuko
ersetzt.
27. Juni. (Petersburg.) Wegen Spionageverdachts wird
Baron Ungern-Sternberg, der Vertreter der Wiener „Politischen
Korrespondenz“, verhaftet.
Es handelt sich um den Verkauf der Mobilisationspläne an die
österreichische Regierung. (Siehe 10. Novemberl)
27. Juni. Der Reichsrat nahm den Gesetzentwurf betreffend
Finnland in der von der Reichsduma genehmigten Fassung an.
30. Juni. Vertagung der Duma und des Reichsrats bis
zum 28. Oktober.
4. Juli. Der Zar sanktioniert das Finnlandgesetz.
4. Juli. Das russisch-japanische Abkommen als Defensiv-
bündnis gegen die Politik der Vereinigten Staaten in Bezug auf
die Mandschurei.
Ueber den Inhalt wird auf dem Umwege über Paris bekannt, daß
Rußland sich verpflichtet, in die japanische Einflußsphäre (also auch Korea)
nicht einzugreisen, während Japan das russische Vorgehen in anderen
Teilen Nordchinas (also wohl in der Mongolei) nicht zu stören verspricht.
Um den status in der Mandschurei aufrecht zu erhalten, versprechen sich
beide Vertragsteile gegenseitige Hilfe mit ihrer Gesamtmacht.
Auf russischer Seite wird das Hauptverdienst an dem Zustande-
kommen dieses Abkommens dem Finanzminister Kokowzew zugeschrieben.
(Den Wortlaut siehe Asien (Japan) 10. Juli.)
9. Juli. (Warschau.) Der Revisor Senator Neidhardt hat
75 Personen, darunter elf Stabsoffiziere, wegen Erpressung und
Bestechlichkeit dem Gericht übergeben.
22. Juli. Durch einen Brand auf dem Gute Tatjana an
der Pola verliert Graf Tolstoi wertvolle Manufkripte seiner neuesten
Arbeiten.
1. August. (Przelaika.) Grenzverletzungen auf deutschem Boden.
Die neue kriegsgerichtliche Untersuchung ergibt wie die des Vor-
jahres, daß der deutsche Ballon „Tschudi“ durch russische Grenzsoldaten
beschossen wurde, als er noch auf preußischem Gebiete war.
2. August. (Warschau.) Auf Verordnung des Ministers
des Innern wird der Verband polnischer ärzte aufgelöst.
28. August. Der Zar ernennt den König Nikolaus von
Montenegro zum Generalfeldmarschall der russischen Armee.
14. September. (Kiew.) Die Revision ergibt, daß die
Intendanturbeamten in den letzten fünf Jahren an Bestechungs-
geldern acht Millionen Rubel eingenommen haben.