326 Spanien. (April 8.—Mai 8.)
entdeckt worden seien, so bemächtigte sich der Offizierskreise in Madrid und
Barcelona eine starke Erregung gegen das Ministerium, das diese Rekri-
minationen nicht energisch genug zurückgewiesen hätte. Diese Situation
benutzten einige konservative Abgeordnete, um dem Kabinett Canalejas vor-
zuwerfen, daß es nicht loyal für die Amtshandlungen des früheren Kabinetts
Maura eingetreten sei. Darauf erklärt das ganze Ministerium, daß es
beim König seine Entlassung nachgesucht habe. Der aus Sevilla zurück-
gekehrte König lehnt aber das Rücktrittsgesuch ab und versichert Canalejas
seines unerschütterten Vertrauens. Dieser reorganisiert sein Kabinett durch
neue Verteilung innerhalb der bisherigen Mitglieder und durch Hereinnahme
des Generals Luque und des Admirals Pidal. Es setzt sich also zusammen:
Canalejas Vorsitz, Inneres Ruiz Valerino, Aeußeres Garcia Prieto, Oeffent-
liche Arbeiten Gasset, Unterricht Gimeno, Iustiz Barroso, Krieg General
Luque, Marine Admiral Pidal, Finanzen Rodriganez. Die entlassenen
Minister des Krieges und der Marine erhalten Kommandostellen.
8. April. Beginn großer Truppentransporte nach Melilla.
9. April. Durch eine Erklärung der Regierung in beiden
Kammern ergibt sich, daß Frankreich die Mitwirkung Spaniens in
Marokko rückhaltlos angenommen hat.
22. April. Eine starke Artillerieabteilung wird von Ceuta
ins Innere gesandt.
24. April. Gefährlichkeit des französischen Vorgehens in
Marokko. (Siehe 10. Mai.)
Ministerpräsident Canalejas erklärte, die Unterbrechung des status quo
in Marokko durch Frankreichs Hinaussenden einer Kolonne von 12000 Mann
se eine ernste Sache. Es sei sehr zweifelhaft, ob die Marokkaner den Einfall
ranzösischer Truppen in ihr Gebiet mit Ruhe aufnehmen werden. Es sei
nicht ausgeschlossen, daß der heilige Krieg gepredigt werde. Die Gärung
sei allgemein. Auch um die spanischen Plätze brande es.
7. Mai. Das republikanisch-sozialistische Komitee veranstaltet
in allen Städten Kundgebungen für eine Reform des Militärstraf-
gesetzbuches und allgemeine Wehrpflicht, sowie gegen die Aufruhr-
prozesse in Barcelona und alle kriegerischen Abenteuer in Afrika.
8. Mai. (Kammer.) Die Regierung legt ein Vereinsgesetz
von 31 Artikeln vor.
Alle konfessionellen Genossenschaften, ausgenommen die im Konkordat
bezeichneten, werden dem gemeinen Recht unterworfen. Mitgliedern von
Klostergemeinschaften, die aus diesen austreten, werden die vollen Bürger-
rechte zuerkannt. Die Klöster, die sich dem Unterricht und irgendeinem
Gewerbe widmen, dürfen keine Klaufur haben und müssen jederzeit der
staatlichen Ueberwachung zugänglich sein. Alle Vereine müssen alle drei
Jahre ein Inventurverzeichnis ihres Besitzes und eine Abrechnung vorlegen.
8. Mai. (Kammer.) Der Budgetentwurf für 1912.
Er berechnet die Ausgaben auf 1128363 481 Pesetas; das bedeutet
eine Vermehrung um 5731026 Pesetas gegenüber 1911. Die Einnahmen
werden auf 1 133207 711 Pesetas veranschlagt. Die Schulden würden sich
dadurch um 1161657 Pesetas vermindern.