Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebenundzwanzigster Jahrgang. 1911. (52)

354 Eroßbritannien. (Juli 18., 21.) 
Konservativen, die Vetobill mit Amendements anzunehmen, die 
glatte Ablehnung der ganzen Vorlage entgegensetzen will, um da- 
durch den Konflikt zu verschärfen. 
18. Juli. (Oberhaus.) Verwickelte Verpflichtungen gegen- 
über Frankreich bezüglich der Marokkofrage. 
Lord Courtney fragt den Lordpräsidenten des Geheimen Rats 
Viscount Morley, ob er Kopien der Verträge oder Auszüge aus den Ver- 
trägen veröffentlichen wolle, die Großbritanniens Verpflichtungen gegenüber 
Frankreich bezüglich Marokkos enthielten. Es würde wahrscheinlich geant- 
wortet werden, daß die Schwierigkeiten vorübergehen, und auch er hoffe 
dies. Die Veröffentlichung der betreffenden Dokumente würde aber auch die 
Regelung keiner zur Verhandlung stehenden Frage verzögern. Viscount 
Morley erwiderte: Die Schlußbemerkung Lord Courtneys führt uns auf 
ein Gebiet, das gegenwärtig ziemlich heikel ist, und er wird es mir erlassen, 
irgendetwas darüber zu sagen, weil das höchst unangemessen sein könnte. 
Die Vertragsverpflichtungen, auf die hingewiesen worden ist, sind in der 
französischen Deklaration von 1904 enthalten, und Großbritannien ist auch 
einer der Unterzeichner der Algecirasakte. Die Verpflichtungen in dieser 
Akte werden von allen anderen Signatarmächten geteilt. Die Klauseln über 
unsere Verpflichtungen gegenüber Frankreich bezüglich Marokkos sind ziem- 
lich verwickelt, und eine Auswahl aus ihnen treffen, würde nicht einfach 
sein. Ich darf vielleicht betonen, obwohl ich bezweifle, ob irgend etwas 
durch eine Veröffentlichung von Regierungsseite gewonnen werden könnte, 
daß die wohlüberlegte Veröffentlichung ausgewählter Auszüge aus diesen 
beiden wichtigen Instrumenten in diesem Augenblick einer zweifelhaften und 
vielleicht schädlichen Auslegung offen sein könnte. Was sich später ereignen 
mag, weiß ich nicht, aber gegenwärtig muß ich es ablehnen, die von Lord 
Courtney erwähnten Urkunden zu veröffentlichen. 
21. Juli. Eine Drohung der Regierung für den Fall der Ab- 
lehnung der Vetobill. 
In einer Versammlung oppositioneller Peers hat Lord Lansdowne 
die Abschrift eines Briefes des Premierministers an den Führer der Oppo- 
sition Arthur Balfour bekannt gegeben, in dem mitgeteilt ist, daß die Re- 
gierung die Amendements des Oberhauses ablehnen, daß sie, wenn nötig, 
dem Könige raten werde, von seiner Prärogative der Ernennung neuer 
Peers Gebrauch zu machen, und daß der König erklärt habe, er halte es 
für seine Pflicht, diesem Rate zu folgen. 
21. Juli. Rede von Lloyd George über die Weltlage. 
Bei einem Festmahle zu Ehren des Kanzlers der Schatzkammer Lloyd 
George, des Gouverneurs und der Direktoren der Bank von England sowie 
der Bankiers und Kaufleute der City im Mansion-House, sagte Lloyd 
George in Erwiderung auf einen Toast für das Gedeihen des Staats- 
schatzes, daß der Friede die erste Bedingung einer gedeihlichen Ent- 
wicklung sei. 
„Wir und andere Nationen erschließen immer neue Gebiete, deren 
Schätze bisher ungehoben geblieben waren. Wir verjüngen altes Land durch 
neue Hilfsmittel, die Welt wird reicher und reicher, und das gilt nicht nur 
für dieses Land (England), sondern von jedem Lande. Das einzige, was 
ich über England sagen kann, ist, daß es kein Land in der Welt gibt, das
	        
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