Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebenundzwanzigster Jahrgang. 1911. (52)

Fraukreih. (März 7. —-9.) 409 
seinen materiellen Interessen grausam heimgesucht und selbst den Glauben 
an die Regierung erschüttert. Es ist notwendig, seine Rückkehr zu ver- 
hindern. Wir werden von Ihnen verlangen, Maßregeln zur Unterdrückung 
der Sabotage zu beschließen, sowie zur Bestrafung des Verlassens des Dienstes 
da, wo die Sicherheit und die Interessen des Publikums gefährdet sind. 
Wir werden auch verlangen, das Gesetz über die rückwirkende Kraft der 
Alterspension der Angestellten und Arbeiter der Eisenbahnen in der von der 
früheren Regierung vorgeschlagenen Form anzunehmen. Die Regierungs- 
erklärung appelliert ferner an den guten Willen der Kammer zur Gewährung 
der Mittel für das Inkrafttreten der Arbeiter--, Alters- und Invaliden- 
versicherung im Monat Juli und schließt: Wir werden ohne Schwäche 
und Gewalt die Gesetze über die Kongregationen und über die Trennung 
von Kirche und Staat anwenden. Wir werden die weltlichen Schulen 
gegen jeden Angriff schützen. Die Rechtsprechung hat in letzter Zeit dar- 
getan, welche gesetzlichen Mittel zur Verteidigung der Schule und der Lehrer 
gegen beleidigende und verleumderische Angriffe zur Verfügung stehen. Falls 
sich diese Wasfen als ungenügend erweisen, so werden wir neue verlangen, 
um den Dienst der Schule zu sichern und sie gegen jede Hemmung unseres 
Werkes der Weltlichkeit zu schützen. In Bezug auf die Justizreform 
verlangen wir von der Kammer das Gesetz über die Abschaffung des 
Artikels 10 der Strafprozeßordnung über die individuelle Freiheit. 
Die Kammer drückte mit 309 gegen 144 Stimmen der Regierung 
ihr Vertrauen aus. 
Im Senat verliest Justizminister Perrier dieselbe Erklärung unter 
dem Beifall der Linken und Protestrufen der Rechten. 
7. März. (Kammer.) Annahme des Marinebudgets mit 
466 gegen 74 Stimmen. 
Auf Jaurdès Forderung der sofortigen Einführung der 34 Zentimeter- 
Geschütze auf den Schiffen erklärt Delcassé: Die Einführung der 31 
Zentimeter-Geschütze würde eine nachteilige Verzögerung zur Folge haben, 
denn die dann notwendig werdende Konstruktion von 20 derartiger Geschütze 
würde Maschinen und Werkzenge erfordern, die man noch nicht besitze. Auch 
wenn man die beiden in Aussicht genommenen Panzerschiffe mit 30,5 Zenti- 
meter-Geschützen armiere, bildeten sie mit „Jean Bart“ und „Courbet“ zwei 
starke Divisionen, die imstande sind, jeder anderen Flotte Widerstand zu 
leisten. Uebrigens baue auch Deutschland noch Panzerschiffe mit 30 und 
30,5 Zentimeter-Geschützen, und England besitze nur zwei Panzerschiffe mit 
34 Zentimeter--Geschützen. Das 34 Zentimeter-Kaliber werde zur Armierung 
der beiden Panzerschiffe verwendet, die man in Brest und Lorient im Jahre 
1912 beginne. Der Berichterstatter über die Flotte Benaset erklärte, das 
34 Zentimeter -Geschütz gewähre in seiner Durchschlagskraft nur geringe 
Ueberlegenheit. Admiral Bienaimé bedauerte wie Jaurès, daß man sich 
gegenwärtig mit einem 30,5 Zentimenter-Geschütz begnügen müsse, dem das 
34 Zentimeter-Geschütz um ein Drittel überlegen sei. 
8. März. Die radikal= sozialistische Kammerfraktion hat 
Camille Pelletan zu ihrem Vorsitzenden gewählt an Stelle des 
in das Ministerium eingetretenen Berteaux. 
9. März. Eine offiziöse Auslassung zur Marokkopolitik. 
In gewissen Kreisen hat man den Wunsch ausgesprochen, die Regie- 
rung möge dem Oberbefehlshaber des Besatzungskorps in Casablanca, General 
Moinier, Verstärkung schicken, damit dieser eine Expedition zur Züchtigung 
  
 
	        
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