442 ##mreic (November 15.—20))
waren. Richtig wäre nur, daß Sir Edward Grey bei den diplomatischen
Empfängen dem Botschafter Grafen Wolff-Metternich nicht verhehlt habe,
wie sehr er die Bewegung vor Agadir tadle, und daß er nötigenfalls mit
der ganzen Macht Englands Frankreichs Sache gegen Deutschlaud unter-
stützen werde. Da Deutschland, auch nachdem Sir Edward Grey seine
Bemerkung gegenüber dem Botschafter wiederholt hatte, die einzige Ant-
wort, die der englische Minister erwartete, nicht erteilte, d. h. den „Panther“
nicht abrief, wurde die Lage sehr gespannt. In jenem Augenblick schrieb der
ar an den Deutschen Kaiser, und höchstwahrscheinlich tat König Georg von
gland dasselbe. Beide Herrscher lenkten die Aufmerksamkeit des deutschen
Kaisers auf die Gefahren der Lage. Die im englischen Ministerrat be-
schlossene und genau festgestellte Rede des Ministers Lloyd George stellte
die letzte feierliche Warnung dar. Wenn die Lage sich damals nicht auf-
geklärt hätte, so wäre England nur die Absendung des Ultimatums nach
Berlin übrig geblieben.
15. November. Rede des Ministerpräsidenten Caillaux über
das Marokko--Abkommen.
Beim Jahresbankett des republikanischen Komitees für Handel und
Industrie äußerte sich der Ministerpräsident in seiner Eröffnungsrede: „An
die Republik und an Frankreich haben wir während der letzten Monate, in
denen die Verhandlungen mit Deutschland vor sich gingen, zu denken nicht
aufgehört, und wir sind bei diesen Verhandlungen ständig besorgt gewesen —
ich bediene mich mit Absicht dieses Ausdrucks — um die Würde und die
Ehre Frankreichs. (Lebh. Beifall.) In einigen Wochen, wenn ich den
Stolz haben werde, auf der Parlamentstribüne das vollendete Werk zu ver-
teidigen und laut die Verantwortung dafür auf mich zu nehmen, wird es
mir nicht schwer werden, klar darzutun, daß das unter Wahrung und
Sicherung des Friedens erzielte Abkommen eine Lösung herbeigeführt hat,
die ich als vorteilhaft für beide Teile bezeichne, und die, wie die jüngst im
Auslande eingetretenen Ereignisse beweisen, bestimmt nicht unvorteilhaft für
Frankreich ist. Ich werde dann das Recht und den begründeten Stolz
haben zu zeigen, daß die Trikolore jetzt an den Ufern des alten Atlan-
tischen Ozeans weht, und daß Frankreich auf afrikanischem Boden, wo das
alte Rom seine besten Soldaten gefunden hat, mit voller Sicherheit seine
unbestrittene Herrschaft bis Tripolis wird ausdehnen können.“
16. November. Im Ministerrat teilte der Minister des Außern
de Selves mit. daß England und Rußland ihre Zustimmung zum
deutsch-französischen Abkommen amtlich erklärt haben.
19. November. Zunehmende Entvölkerung Frankreichs.
Nach der vom Ministerium der öffentlichen Arbeiten und sozialen
Fürsorge veröffentlichten Statistik betrug die Zahl der Geburten in Frank-
reich im ersten Semester des Jahres 385999, die der Todesfälle 404278.
Dieses Ergebnis, bemerkt der „Temps“, sei um so beklagenswerter, als im
ersten Semester vorigen Jahres die Geburten gegenüber den Todesfällen
einen Ueberschuß von 21 189 aufwiesen.
20. November. (Kammer.) Festsetzung des Datums für die
Beratung der Interpellation Bouge betr. die Unordnung im Aus-
wärtigen Amt.
De Selves schlug als Datum den Tag der Interpellationen über
die auswärtige Politik vor. Bouge antwortete, daß die Angelegenheit