Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtundzwanzigster Jahrgang. 1912. (53)

112 Das Meuische Reich und seint eintelurn Glirder. (April 22.) 
eutsche Armee muß hier nachfolgen. Die Hauptsache für ein schlag- 
wsich Feldheer sind kräftige vorangehende Offiziere, die allen An- 
forderungen gewachsen sind. Bei der Beratung des letzten Quinquennats 
ist ausgesprochen worden, man hätte das Vertrauen, daß die Heeresver- 
waltung mehr gesordert hätie, wenn mehr nous gewesen wäre. Wir stellen 
nun umgekehrt die Vertrauensfrage und erwarten, daß Sie uns solgen, 
wo wir onen nochweisen, daß mehr rnbrii ist, und wir hoffen, daß 
Sie uns das bewilligen werden, wovon im Falle der Not schließlich die 
Existenz unseres Vaterlandes abhängen kan 
Sicatsiekretär des Reichemarineaomts v. Tirpid: Wir wollen lediglich 
awei Mißstände in unjerer Organiiation bejeitigen, die sich von Jahr zu 
Jahr stärker gezeigt hoben, und deren Bejeitigung unerläßlich geworden 
ist, wenn die Regierung ihre Auigabe erfüllen will. Der eine Mißstand 
besteht in der Entlaisung der Reseroinen im Herbst, durch die auf 
einmal die Leistungsjähigkein unserer gesamten Eichtrckrafie stark reduziert 
wird. Fast ein Driuel der Bejatzung der Schiife, und zwar die ausgebil- 
delen Leute, werden gewechielt und durch NJrren ersetzt, die fast aus- 
nahmslos aus dem Lande genommen werden. Oierdurch wird die Schlag- 
ferrigkeit unserer Flotte plötzlich und für längere Zeit betrofien. Dieie 
Schwierigkeiten sind bereits seit Zebren aus dem boben Dause in der Budget- 
kommüsion zur Sprache gebracht worden, und wir hoben auch erwogen. 
wie lie abzustellen seien. Vor einer erheblichen Veneur der alliven 
Sweitkrafte int das aber nicht möglich. Mit dieier wäre eine Abyilfe ge- 
iese Schwierigleiten sind nichts ** und schon längere en 
eimpfunden worden. Früher waren sie nicht so dringend, auch 
finanzielle Schwierigleiten es verhindert, Masßnahmen dagegen zu Wen 
Eine Abhilfe ist jet bei der Vermehrung der Flotte or dringen 
bolen. Der zweite Rorheit uuserer Organisation, der sich allmählich brrabte= 
gebildet hat, liegt in dem Mißverhältnis unserer sojort verwend- 
baren u de zur Vongarte unserer Flotte. Dieser 
Nachteil ist allmählich entstanden und heroorgegangen zum großen Teil 
aus den technichen Neuerungen des letzten Johrzehntes. Ich möchte nur 
erinnern an die gewaltig genteigerlen Emtiernungen der Geschütze und da- 
mit verbunden die Komwlizieriheit des Dienstes, ferner die ums Zwanzig- 
fache gesteigerte Entiernung, aui die die Torpedowaise wirken kann, die 
nomvplizierlheit der neueren Schisse mit ihren eleltrischen Einrichtungen. 
die Funkemelegravhie niw. Diese Neuerungen haben jofort die Handhabung 
der Schiüfe schwieriger gemacht, vor allem aber auch die Handhabung der 
Schiüsverbande der Geichvader. Das hat zur Folge, daß die Reserve- 
sormationen im KFalle der Mobilmachung später zur Verwendung bereit 
siehen, als wir früher gerechnet hamen und rechnen konnten. Hierzu trit! 
noch ein anderer Punk!: Jede Nation wird hemigen Tages ganz beiondere 
im Seelriege mit der Wahricheinlichkeit, oder beiser gelaat mit der Mos 
lichleit eines plönlichen Ausbruchs des Krieges rechnen. Ich erinnere an 
dad hinorische Beiipiel von Port Arthur. Ist der Krieg einmal aus- 
gebrochen, wird jede Nati tion sich bemühen, der anderen zuvorzukommcn. 
und iede Nation wird mit der Magalichkeit der enljcheidenden Kriegs- 
overalionen im allererten Teile eines Arieges rechnen müssen. In diesen 
Erwägnngen liegt die Begründung für die zwingende -owendigeen der 
soiortigen Bereitichaft eines erheblichen Teiles der Floit lle Nationen 
haben Masnahmen getroisen, um sofort verwendbare einse. Streitkräste 
ausf Kosten der Reservejormationen aufzustellen. Unsere Marine ist nach 
diejer Richtung beionders ungönstig gestellt; von 5 Schiffen der Iststärke 
unierer Flotte sind zurzeit nur ein Drinel, 21 große Schiffe, sofort ver-
	        
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