Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtundzwanzigster Jahrgang. 1912. (53)

Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Jonuar 31.) 17 
gegen die kirchlichen Vorschläge vorbringen. Ich bitte, sich zu vergegen- 
wärtigen, daß wir im Laufe der letzten Jahre auf Anregungen aus diesem 
Hause über neunzig Millionen Mark für Verkehrsverbesserungen und für 
den Umbau von Eisenbahnstrecken mit schweren Schienen auewendet haben. 
Diese auserordentlichen Aufgaben müssen sich ja ausgleichen in der  
Minderung der Ausgaben jür die folgenden Jahre. Wir haben  im Oklober 
und November einen Wagenmangel gehabt, wie er den preussischen  
Staatsbahnen noch nicht bekannt war. Es sind ganz ungeheuerliche Fehlziffern 
mitgeteilt worden. Aber wir hatten auch ganz außergewöhntiche  
Verkehrsverhaltnisse. Die preußische Staatsbahnverwallung hat auf dem Gebiete der 
Wagenbeschaffung nichts versäumt. Wir hatten im Oktober nur eine  
Hehrbestellung von Wagen von 0,4 Prozent gegen den Oktober 1910, wir haben 
aber in demselben Oktober aus dem Güterverkehr eine Mehreinnahme von 
9,2 Prozent gehabt. Dabei müssen Sie berücksichtigen , daß ganz  
ungewöhnliche Tariefermäßigungen aus Anlaß der ungünstigen Futtermittel und  
Dachbruchternie gewährt worden sind, welche sich wieder umgeben in  
Tonnenkilometer und Achskilometer. Die Vorbereitungen für das größte Werk der 
Elektrisierung der Berliner Stadtbahn  reichen auf Jahre zurück. Man wurde 
ia bereits ungeduldig: wir wollten aber durchaus sicher gehen, und dazu 
mußten wir Erfahrungen sammeln, nicht nur auf der Strecke Mitterfeld- 
Tessan, sondern namentlich auch im Hamburger Vorortverkehr. Nach  
denselben Grundsätzen wird auch der Betrieb hier in Berlin geführt werden. 
Dem Abg. v. Pappenheim kann ich erwidern daß, wenn die Staatseisen- 
bahnverwaltung sich entschließt, diese außerordentlichen Mittel   wesenntlich im 
Interesse Grossberlins aufzuwenden, auch eine angemessene Verzinsung  
gegeben sein muß. (Bravo! r. Dieser berechtigte Wunsch führt dazu, daß wir 
eine Tariferhöhung vorschlagen müssen, sie wird aber so vorsichtig gehalten 
sein, daß von nennenswerten schädiichen Rückwirkungen keine Rede sein kann. 
Handeleminister Dr. Sodow: Bezüglich des Verlaufs der Verhand- 
lungen zwischen der Bergverwaltung und dem rheinisch- westfälischen  
Kohleninnditat erinnere ich an die vorjährigen Verhandlungen in der Kommiision 
und im Plenum des Abgeordnetenhauses über die Rentabilitält der inlänischen 
Bergwerke und an die Rejolution des Hauses, die der Staatsregierung die 
Beteiligung an dem rheinisch -westfälischen  Kohleniundikan nahelegte. 
Im allgemeinen sah man darin eine Erleichterung für das Wieder- zustandekommen 
des Sundikats im Gesamtinteresse unseres Wiirtschaftslebens wegen der 
größeren Stabilität der Verhältnisse, die nicht nur dem Unternehmer, sondern 
auch dem Arbeiter wegen der größeren. Gleichmäßigkeit der Löhne zugute 
kommen wird. Ich  habe damals in einer Erklärung die Ehrenwilligkeit 
des königlichen Staatsministeriums zum Ausdruck gebracht, in Verhand- 
en einzutreten. Das Kohleninudilat hatte in zwischen Verhandlungen 
mit den Arbeitern geführt ũber die Herbeiführung eines vorläufigen 
Engagements: es hat sich ergeben, daß ein solches Engagement nur möglich war,  
wenn auch eine Verständigung mit dem Bergislus erfolgte. Ich 
habe freilich die Vereinbarung nur auf die Ruhrzechen beschränken konnen: 
für die Saar konnte ich sie nur treffen, wenn gleichzeitig die Vereinbarung 
mit den Privatzechen der Saar erfolgte: Das letztere richten aus Gründen, 
die mit der Erneuerung dee Stahlverbandes zusammenhängen, zurzeit  
unmoglich. Für die Saar ist aber die sielatische Kohllenforderung zum  
überwiegenden Teil bereits abgeschlossen, es hat aktiv für die Saarischen  wenig 
Bedeuung. Das Abkommen zwischen dem rheinisch · westfälischen  
Kohleninndikat und den ostschen Ruhrezechen ist getroffen, zumindest für 
ein Jahr. Dem Fiskus ist die allerwünschenswerteste Freiheit für das 
Quamum seines Ruhrzechenbereichs gelungenen. Bei dem Verlaufsvertrag ist 
Europäischer Reichskalender l.iti. 2 
  
  
  
 
	        
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