Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

Greßbritaunien. (Oltober 31. — November 1.) 599 
Die englische Regierung erneuert darin die Bestimmungen vom 
20. August, wonach die Londoner Erklärung mit gewissen Ausnahmen und 
Nachträgen als in Kraft getreten angesehen werden soll. Dazu kommen 
gewisse neue Bestimmungen, die die Interessenkonflikte mit dem legitimen 
neutralen Handel und der Seefahrt vermindern wollen. Die zweite Kund- 
gebung enthält das neue Konterbandeverzeichnis. Darin wird in 26 Ab- 
teilungen die unbedingte Konterbande behandelt, worunter sich verschiedenes 
Neues befindet. Unter anderm sei genannt: Schwefelsäure, Hämatiteisenerz, 
Hämatitroheisen, Nickel und Nickelerz, Ferrochrom, Chromerz, Rohkupfer, 
Blei, Aluminium, Kieseleisen, Stacheldraht und alle Apparate zum Befestigen 
und Abschneiden desselben, alle Arten Motorwagen sowie Teile dazu, 
Motorsprit sowie Mineralöle mit Ausnahme von Leuchtöl. Die Liste der 
bedingten Konterbande enthält außer den ursprünglichen folgende neue 
Artikel: Schwefel, Glyzerin und Häute aller Art. 
31. Oktober. Das „Daily Chronicle“ über das Schicksal der 
Türkei: 
Jetzt, wo der Würfel gefallen ist, und die Türkei unser Feind ist, 
ist auch ihr Todesurteil gesprochen. Wir haben der Türkei für ihre Neu- 
tralität die Garantie ihres Besitzstandes angeboten. Die Pforte hat aber 
schon seit langem ihre Neutralität verletzt, nicht nur in der Goeben= und 
Breslau-Geschichte, sondern auch durch die Sperrung der Dardanellen für 
die Handelsschiffahrt, durch die das Schwarze Meer gewissermaßen blockiert 
wurde. Die Verbündeten waren trotz dieser Haltung nicht gewillt, ihre 
Aufgaben noch zu erschweren, und nur dies hat sie von einem verschärften 
Vorgehen zurückgehalten, das zu einem casus belli führen konnte. Inzwischen 
sind alle Vorbereitungen zur See getroffen worden. Die einzige Möglichkeit 
für die Türkei, zur See etwas auszurichten, besteht im Schwarzen Meer, 
wo sich die russischen und türkischen Streitkräfte ziemlich die Wage halten. 
1. November. „Daily Chronicle“ schreibt über die Behandlung 
der feindlichen Ausländer: 
Die Preßkampagne gegen die Deutschen und Oesterreicher macht 
einen sehr ungünstigen Eindruck in den neutralen Ländern. Glaubt denn 
ein vernünftiger Mensch, daß unsere nationale Ehre und unsere nationalen 
Interessen gefordert werden durch die unterschiedslose Entlassung der Hotel- 
leiter, Barbiere, Kellner, weil sie in diplomatischem Sinne Feinde sind? 
Laßt uns im Kriege mit Deutschland danach streben, gegen die Nicht- 
kombattanten deutscher Nationalität in unserer Mitte gerecht zu sein. 
1. November. Staatssekretär Sir Edward Grey übermittelt 
den auswärtigen Vertretern Englands folgende Anklageschrift gegen 
die Türkei: 
Zu Beginn des Krieges gab die englische Regierung weitestgehende 
Versicherungen, daß, wenn die Türkei sich neutral verhalten würde, ihre 
Unabhängigkeit und Integrität sowohl während des Krieges wie nach dem 
Friedensschluß geachtet werden würde. Frankreich und Rußland stimmten 
dieser Abrede bei. Von da ab hat die englische Regierung in höchstem 
Maße Geduld und Milde geübt, mit der Absicht, freundschaftliche Beziehungen. 
aufrechtzuerhalten, trotz der fortgesetzten Neutralitätsverletzungen, die sich 
immer häufiger von seiten der türkischen Regierung, besonders mit Beziehung 
auf deutsche Schiffe in den Dardanellen, ereigneten. Die englische Regierung 
hat mit tiefem Bedauern am 29. Oktober vernommen, daß einige türkische
	        
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