Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

krankreich. (November 8.—Dezember 1.) 699 
8. November. (Bordeaux.) Präsident Poincaré unterzeichnet 
einen Erlaß, durch den Marineoffiziere zum Dienst im Landheere 
zugelassen werden. 
17. November. (Bordeaux.) Präsident Poincaré unterzeichnet 
einen Erlaß, wonach alle deutschen Inhaber der Ehrenlegion aus 
der Liste des Ordenskapitels gestrichen werden wegen der „barbarischen 
Handlungen“, deren sich die Deutschen schuldig gemacht haben. 
23. November. (Paris.) Das Kriegsgericht verurteilt neun 
deutsche Militärärzte und Krankenwärter zu längeren Gefängnis- 
strafen wegen Teilnahme an Plünderungen und Gewalttaten, die 
angeblich am 3. und 9. Oktober in Lizy-sur-Ourcq begangen 
wurden. 
Ein wirklicher Beweis wird nicht erbracht. Die französischen Militär- 
ärzte treten während der Verhandlung für ihre deutschen Kollegen ein. Das 
Urteil erregt in Frankreich großes Aufsehen und wird allgemein mißbilligt, 
wie ein Artikel des Advokaten J. Uhry in der „Humanité“ beweist. Das 
deutsche Auswärtige Amt läßt der französischen Regierung durch Vermitt- 
lung der amerikanischen Botschaft beglaubigte Zeugenaussagen über die 
in Frage stehenden Vorgänge zustellen, um die Aufhebung des Urteils zu 
veranlassen. (Siehe auch 2. und 10. Dezember.) 
27. November. Das allgemeine Moratorium wird bis zum 
1. Januar verlängert. 
28. November. Der Finanzminister setzt die Wiedereröffnung 
der Pariser Börse für Kassaoperationen auf den 7. Dezember fest. 
1. Dezember. Veröffentlichung des französischen „Gelbbuches“. 
(Siehe den besonderen Abschnitt im „Anhang“.) 
Durch die „Agence Havas“ wird folgende offi zielle Analyse, die 
in die Buchausgabe nicht ausgenommen wurde, verbreitet: Das erste Kapitel 
enthält drei Serien von Schriftstücken, welche die Entschlossenheit der deutschen 
Militärpartei zeigen, einen Angriffskrieg gegen Frankreich zu entfesseln, 
ferner die Einpflanzung der methodischen Entwicklung einer zum Krieg 
entschlossenen Gesinnung in ganz Deutschland und schließlich die Aenderung 
in der Haltung Wilhelms II., welcher der kriegerischer Strömung nachgibt. 
Der Bericht eines Offiziers des Großen deutschen Generalstabes und die 
Beschreibung einer Unterredung des Kaisers mit dem König der Belgier 
sind hier besonders bemerkenswert. Unter dem Titel „Präliminarien“ ent- 
hält das zweite Kapitel die Dokumente, welche sich auf die Ereignisse 
beziehen, die sich zwischen dem Tode des Erzherzogs-Thronfolger vom 
28. Juni und der Ueberreichung der österreichischen Note an Serbien vom 
23. Juli abspielten. Man erkennt daraus die Wiener Anstrengungen, die 
durch den herausfordernden Ton der Blätter, durch die militärischen Vor- 
bereitungen und durch die bezeichnende Baisse an den österreichischen und 
deutschen Börsen erweckte Besorgnis der Vertreter der Tripleentente. Die 
Kapitel 3 und 4 gestatten Schritt für Schritt die Bemühungen Englands, 
Rußlands und Frankreichs zu verfolgen, Zeit zu gewinnen, um einen Kon- 
flikt zu vermeiden, trotz der zunächst schroffen Haltung Oesterreichs, das 
die Vermittlungsversuche ablehnte, und endlich die zweideutige dilatorische
	        
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