522 Großbritannien. (Februar 28.—März 2.)
28. Februar. (London.) In einer Konferenz zwischen der
englischen Arbeiterpartei und den südafrikanischen Arbeiterführern
wird beschlossen, die Rechtsfrage der Deportation der Arbeiterführer
bis zur Entscheidung des höchsten Gerichtes durchzuführen.
2. März. (Unterhaus.) Marineminister Churchill bringt
den Nachtragsetat für die Flotte ein, der 2 ½ Millionen Pfund Ster-
ling beträgt und den Gesamtetat auf 48 800000 Pfund steigert.
Der Minister begründet die Mehrforderung, die verursacht werde
1. durch höhere Kosten der Vorräte von Oel (500000 Pfund), 2. durch ein
neues Programm für Flugzeuge (250000 Pfund), 3. durch höhere Löhne
auf den Werften (200000 Pfund), 4. durch Beschleunigung und früheren
Beginn des Baues von drei Schlachtschiffen des Programms 1913/14 mit
Rücksicht auf den Aufschub des kanadischen Flottengesetzes, und 5. dadurch,
daß auf den Privatwerften der Bau der von den Parlamenten bewilligten
Schiffe schneller vonstatten gegangen ist. Churchill bemerkt im einzelnem: Der
Preis für Oel einschließlich der Fracht habe sich in den letzten Jahren mehr
als verdoppelt. In England befänden sich jetzt Vorräte, die den Bedarf
der gesamten Oel verbrauchenden Schiffe für drei Friedensjahre einschließ-
lich der Manöver beträchtlich überstiegen. Ebenso würden die Vorräte für
ein ganzes Kriegsjahr ausreichen. Die Oelvorräte ständen in einem be-
stimmten Verhältnis zu der Zahl der vorhandenen Schiffe mit Oelfeuerung.
Die Admiralität habe es aber für richtig gehalten, ihre Reservevorräte
etwas zu vergrößern, und daher käme die Ueberschreitung des Etats. Die
Nachtragsforderungen für das Flugwesen seien verursacht worden durch
den Bau von Luftschiffen und Schuppen. Das Programm bleibe zwar
hinter dem zurück, was Frankreich und Deutschland geleistet hätten, sei
aber angesichts der großen und steigenden Ueberlegenheit Englands in
Wasserflugzeugen ausreichend. Was den früheren Beginn des Baues der
drei Schlachtschiffe betreffe, der durch den Aufschub des kanadischen Flotten-
gesetzes verursacht werde, so liege darin keine Abweichung von dem Standard
von 60%. Es würden nur 450000 Pfund im Jahre 1914 ausgegeben,
statt zwei Jahre später. Denn in diesem Jahre würde die kanadische Flotten-
vorlage keine großen Fortschritte machen können.
Auf eine Anfrage Allan Bakers, der die Aufmerksamkeit auf die
Bemerkung des Großadmirals von Tirpitz lenkt, daß er, falls eine allge-
meine Herabsetzung des Deplacements der Kriegsschiffe vorgenommen werden
sollte, dies begrüßen würde, sagt Churchill in einer schriftlichen Antwort:
Die Deplacements der neuesten britischen Kriegsschiffe sind erheblich kleiner
als die fast aller neuesten Schlachtschiffe, die sich für fremde Mächte im
Bau befinden, soweit ihre Größenmaße veröffentlicht worden sind. Der
Gedanke, der in einigen Kreisen gehegt wird, daß wir bei der wachsenden
Steigerung des Deplacements der Großkampfschiffe vorangehen oder voran-
gegangen sind, beruht nicht auf Wahrheit. Trotz dieser Tatsachen würde die
Admiralität gewillt sein, sich an einem Abkommen zur Beschränkung der Größe
von Großkampfschiffen zu beteiligen, wenn sie sich überzeugen kann, daß Ver-
handlungen zu einem solchen Uebereinkommen nicht unwillkommen sind.
In der Debatte erklärt Ramsay Macdonald, der Nachtragsetat sei
kein Teil des alten Schiffbauprogrammes mehr, sondern der Beginn eines
neuen. In Deutschland, Frankreich, Italien und Oesterreich-Ungarn werde
man sagen, Großbritannien beschleunige sein Schiffsbautempo in der Absicht,
ihnen in den europäischen Gewässern wirksamer entgegentreten zu können.