Schweiz. (November 7.—Dezember 6.) 749
7. November. Der britische Gesandte Grant Duff legt beim
Bundesrat Beschwerde gegen die Ausfuhr von Käse nach Deutsch-
land ein.
19. November. (Genf.) Der jung-ägyptische Politiker Dr. Rifaat,
wird ausgewiesen, da seine Tätigkeit als geeignet bezeichnet wird,
der schweizerischen Neutralität zu schaden.
21. November. (Genf.) Protestkundgebung der Studenten
gegen den Professor des germanischen Rechts, Hugo de Claparede,
wegen seiner deutsch-freundlichen Gesinnung. Claparède wird ge-
nötigt, um Urlaub einzukommen.
21. November. Englische Flieger überfliegen bei einem An-
griff auf die Zeppelinwerft in Friedrichshafen schweizerisches Gebiet.
Der Bundesrat beauftragt die schweizerischen Gesandten in London
und Bordeaux, bei der britischen und französischen Regierung energisch
z vrtestieren und für die Verletzung der Neutralität Satisfaktion zu
Das im Anschluß an diese Neutralitätsverletzung auftretende Gerücht,
der englische Gesandte in der Schweiz, Grant Duff, habe einige Wochen
vorher gelegentlich einer Automobilfahrt in der schweizerischen Bodensee-
gegend Späherdienste geleistet, wird offiziös als unbegründet bezeichnet.
6. Dezember. Die französische und englische Regierung be-
antworten den Protest des Bundesrates.
Der französische Botschafter gibt eine Erklärung des franzö-
sischen Ministers des Aeußern ab: der Minister bedaure den Vorfall, sofern.
er erwiesen sei, aufrichtig, er könne gewiß nur einer Unachtsamkeit zu-
geschrieben werden. Im übrigen lege die französische Regierung mehr als
je Gewicht auf die schweizerische Neutralität; sie wolle, daß diese durch ihre
Truppen beobachtet werde, einerlei, ob es sich um das eigentliche Gebiet
der Eidgenossenschaft oder den darüber liegenden Luftraum handle.
Die britische Regierung läßt durch ihren Gesandten dem Bundes-
rat eine Note überreichen, in der sie ausführt, daß die Flieger, die an dem
Angriff auf die Zeppelinwerft teilnahmen, bestimmte Weisung hatten, schweize-
risches Gebiet nicht zu überfliegen. Wenn sie es dennoch getan hätten, sei
das auf Unachtsamkeit und auf die Schwierigkeit, in großer Höhe die
wirkliche Lage eines Luftfahrzeuges festzustellen, zurückzuführen. Auf Grund
der ihr von schweizerischer Seite unterbreiteten Beweise für das Ueberfliegen
schweizerischen Gebietes halte die britische Regierung darauf, dem Bundes-
rat zu versichern, daß dies entgegen ihren Absichten geschehen sei, und spreche
ihm deswegen ihr lebhaftes Bedauern aus. Die britische Regierung wünscht
im Anschluß daran festzustellen, daß aus den ihren Fliegern erteilten In-
struktionen und dem dem Bundesrat wegen ihrer Nichtbeachtung aus-
gesprochenen Bedauern keine allgemeinen Schlüsse auf ihre Anerkennung
eines nicht unbestritten geltenden völkerrechtlichen Grundsatzes, betreffend
die Gebietshoheit über den Lustraum, gezogen werden können.
Der Bundesrat dankt den beiden Regierungen für ihre Erklärungen
und benutzt die Gelegenheit, der britischen Regierung neuerdings mitzuteilen,
daß mit Rücksicht darauf, daß keine völkerrechtliche Beschränkung der Gebiets-
hoheit über den Luftraum bestehe, er die letztere in vollem Umfange geltend