Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

782 Schweden. (Februar 6.) 
Angesicht zu stehen und ihre Stimme zu hören. Das Bewußtsein eures 
Vertrauens zu eurem König macht mein königliches Amt wahrlich doppelt 
verantwortungsvoll, aber gleichzeitig leichter ausführbar, und ich verspreche 
euch, daß ich euch nicht im Stiche lassen werde. Ihr könnt dessen sicher 
sein, daß ich niemals von meiner Ueberzeugung abweichen werde bezüglich 
dessen, was ich mit Bezug auf die Wehrmacht für die Selbständigkeit des 
Landes als das Richtige und Notwendige ansehe. Es fehlt wahrlich nicht 
an Männern in unserem Lande, die der Meinung sind, daß die Frage 
über die Uebungszeit der Infanterie nicht jetzt gelöst werden dürfe. Ich 
teile keineswegs diese Auffassung und bin im Gegenteil der Meinung, die 
Ihr soeben mir gegenüber ausgesprochen habt, daß die Verteidigungsfrage 
als Ganzes behandelt und jetzt entschieden werden müsse ohne Verzögerung 
und im Zusammenhange. Von den Forderungen für die Schlagfertigkeit 
und Kriegsbereitschaft der Feldarmee, die unerschütterlich von den Sach- 
verständigen innerhalb meiner Armee aufgestellt werden, gehe ich nicht ab. 
Ihr wißt alle, daß dies eine erweiterte Dienstzeit für die Wehrpflichtigen 
bedeutet, auch in bezug auf die Notwendigkeit der Winterausbildung. Um 
ihre großen Ausgaben lösen zu können, muß ferner meine Marine nicht 
allein stark erhalten, sondern auch in bedeutendem Maße verstärkt werden. 
Laßt uns in Gemeinschaft für die Wehrmacht des Reiches arbeiten, dann 
wird es auch gelingen, die für das Reich so wichtigen und entscheidenden 
Fragen zu einem glücklichen Resultat zu führen. In Uebereinstimmung mit 
meiner Pflicht als euer König will ich versuchen, euch den Weg zu zeigen, 
um unser gemeinsames Ziel zu erreichen. Möchtet ihr auch zukünftig mir 
folgen und mich stützen. Innerhalb der Generationen, die gegangen sind 
und die kommen werden, müssen wir Gott für unsere Handlungen Rechen- 
schaft ablegen. Der Höchste, der bisher seine Hand über Schweden gehalten 
hat, bewahre unser Land und unser Volk jetzt und in kommenden Zeiten. 
Gott segne euch alle! Es lebe unser geliebtes Vaterland, es lebe Schweden! 
Nach dem Empfang beim König werden zehn Repräsentanten jeder 
Provinz von den Regierungsmitgliedern empfangen. Gutsbesitzer Träff 
richtet an den Ministerpräsidenten eine Ansprache, in der er u. a. ausführt: 
Wir wollen, daß unser Land wie bisher so auch in Zukunft frei und un- 
abhängig sei. Unsere gegenwärtigen Verteidigungsmittel sehen wir nicht 
als genügend an. Wir wünschen, daß die Frage betreffend die Verteidigung 
in ihrem ganzen Umfange im Laufe des Jahres entschieden werde. 
Ministerpräsident Staaff antwortet u. a.: Ich brauche nicht erst 
zu sagen, daß die Regierung, die mit aller Kraft eine Vorlage zu um- 
fassenden Verbesserungen im Verteidigungswesen des Landes vorbereitet, 
die Stütze anerkennt und entgegennimmt, die in der laut ausgesprochenen 
Bereitwilligkeit der großen Volksmassen liegt, erhöhte Bürden für die Ber- 
teidigung zu tragen. Was die besonderen Wünsche betrifft, die ihr Wort- 
führer vorgebracht hat, so habe ich zu bemerken: Wir hoffen, daß, wenn 
die Regierungsvorlage vollständig ausgearbeitet sein wird, sich zeigen wird, 
daß unsere Verteidigungskraft durch die Annahme dieser Vorlage so stark 
sein wird, daß wir mit Aussicht auf Erfolg uns verteidigen können — und 
zu etwas anderem als zur Verteidigung ist unsere Kriegsmacht ja nicht 
geeignet — gegen jedermann, der unseren Frieden stören will. Betreffs 
eines Punktes in den Darstellungen ihres Wortführers möchte ich mich noch 
besonders aussprechen. Der Wortführer sagte, daß Sachkunde bei der Ord- 
nung der Verteidigung die Entscheidung zu treffen hätte. Ich sehe voll- 
ständig die Notwendigkeit ein, die Meinung der Sachverständigen in der 
Frage, betreffend die Verteidigung, zu hören, aber, wenn darunter zu ver- 
stehen ist, daß die Anschauungen der Fachleute allein ausschlaggebend sein
	        
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