Nußland. (Oktober 29.—November 6.) 851
29. Oktober. Eröffnung der russisch-türkischen Feindseligkeiten.
Ende Oktober. Große Studentenunruhen in Petersburg und
Moskau wegen eines Regierungserlasses, der den Kriegsminister er-
mächtigt, Studenten zum Waffendienst heranzuziehen.
« Ende Oktober. General Rußki wird an Stelle des Generals
Schilinski zum Kommandanten der ruffischen Zentrumsarmee er-
nannt. Das Kommando über die südliche Armee, das bisher General
Rußki hatte, übernimmt General Radko Dimitriew.
1. November. Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen
Rußland und der Türkei.
Der ottomanische Geschäftsträger Fahr Eddin teilt dem Minister
des Aeußern Ssasonow folgende Depesche des Großwesirs mit: Uebermitteln
Sie dem Minister des Aeußern Ssasonow den Ausdruck unseres tiefen
Bedauerns über den Abbruch der guten Beziehungen der beiden Mächte,
der durch den feindlichen Aki der russischen Flotte herbeigeführt worden
ist. Sie können der kaiserlich russischen Regierung versichern, daß die Hohe
Pforte nicht verfehlen wird, eine angemessene Lösung dieser Frage zu finden,
und daß sie alle Maßnahmen ergreifen wird, um die Möglichkeit einer
Wiederholung solcher Vorkommnisse zu vermeiden. Schon jetzt können Sie
dem Minister des Aeußern erklären, daß die ottomanische Regierung be-
schlossen habe, ihrer Flotte zu verbieten, in das Schwarze Meer zu gehen.
Unsererseits hoffen wir, daß die russische Flotte nicht an unseren Küsten
kreuzen wird. Ich hoffe fest, daß die kaiserlich russische Regierung in dieser
Angelegenheit denselben Geist der Versöhnlichkeit wie wir zeigen wird im
Interesse der beiden Länder. Ssasonow erwidert, er stelle formell in
Abrede, daß die Feindseligkeiten von der russischen Flotte begonnen worden
seien. Er halte es für zu spät, irgendwelche Verhandlungen anzuknüpfen.
Nur wenn die Türkei sogleich alle deutschen Beamten aus Armee und
Marine ausgestoßen hätte, würde es möglich gewesen sein, Verhandlungen
über eine Entschädigung der Leute zu beginnen, die durch den hinter-
listigen Angriff der russischen Küsten gelitten hätten. Da die Erklärung
des ottomanischen Geschäftsträgers nichts in der Lage ändere, teilt Ssasonow
Fahr Eddin mit, daß er am folgenden Tage die Pässe erhalten werde.
In einem kaiserlichen Manifeste heißt es, daß die Türkei durch
Deutschland und Oesterreich--Ungarn zu einem nutzlosen Streit gegen Ruß-
land aufgestachelt worden sei. Rußland erwarte die Folgen mit vollster
Ruhe, im Vertrauen auf Gott und überzeugt, daß diese unfähige Inter-
vention das Ende der Türkei, das unabwendbar sei, nur beschleunigen
werde. Hierdurch werde Rußland in die Lage versetzt, die historische Frage
über die Küsten des Schwarzen Meeres zu lösen.
Im November veröffentlicht die russische Regierung ein 98 Aktenstücke um-
fassendes „Orangebuch“ über die Verhandlungen vom 19. Juli. 1. August bis
19. Oktober' 1. November, die dem Kriege mit der Türkei vorangegangen sind.
3. November. Der Zar begibt sich wieder zur Feldarmee.
6. November. Die Regierung lehnt die Forderung Persiens,
die russischen Truppen aus den persischen Gebieten sofort abzuberufen,
erneut ab und beschließt, die Truppen unverzüglich auf den Kriegs-
stand zu erhöhen.
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