Kuminien. (Juni 14.) 913
Majestät, Ihrer Majestät der Kaiserin und Euerer Majestät erhabener
Familie auf rumänischem Boden. Wir erblicken in diesem glücklichen Er-
eignis einen neuen Beweis der Gefühle der Freundschaft, die Euere Majestät
mir seit langen Jahren in so rührender Weise bewiesen haben. Die Er-
innerung an die Huld und die Herzlichkeit Euerer Majestät gelegentlich
meiner Reise auf russischem Boden wird unauslöschlich für mich bleiben,
ebenso werde ich den Besuch der Kaiserlichen Flotte in dem Hafen von
Constanza und den Besuch Seiner Kaiserlichen Hoheit des Großfürsten
Nikolaus Michailowitsch nicht vergessen, aus dessen Händen ich den Marschall-
stab der russischen Armee empfing als Zeichen des Gedenkens an unsere
Waffenbrüderschaft auf den Schlachtfeldern Bulgariens unter der ruhm-
reichen Regierung Euerer Majestät erhabenen unvergeßlichen Großvaters.
Diese kostbaren Pfänder des Interesses und der Sympathie für uns können
allen rumänischen Herzen nur erhöhte Freude wecken und in dem meinigen
besonders erhöhte Dankbarkeit und können nur dazu beitragen, die aus-
gezeichneten Beziehungen, die zwischen dem russischen Kaiserreich und meinem
Lande so glücklich angeknüpft worden sind, noch fester zu gestalten. Euerer
Majestät edle und hochherzige Initiative zur Errichtung der Haager Friedens-
konferenz ist ein sicheres Unterpfand dafür, daß Euere Majestät die Dienste
würdigen, die Rumänien der Sache des europäischen Friedens während
der Ereignisse hat leisten können, welche sich im vergangenen Jahre auf
der Balkanhalbinsel abgespielt haben. Das beständige, unverrückbare Ziel
Rumäniens ist es, durch stabiles Gleichgewicht und herzliche Beziehungen
zwischen allen Balkanstaaten zur Erhaltung wohltätigen Friedens beizu-
tragen, der allein diesen Staaten gestatten kann, die Wohlfahrt zu ver-
wirklichen, nach der sie streben. Aus innerstem Herzen heiße ich Euere
Majestäten willkommen und danke Seiner Majestät dem Kaiser für all
seine huldvollen Aufmerksamkeiten gegenüber meinem Lande, welches sich
vollkommen den heißen Wünschen anschließen wird, die ich hege für Euerer
Majestät persönliches Glück und das Ihrer erhabenen Familie, für die
Wohlfahrt Ihres großen Reiches und für die tapfere Kaiserliche Armee,
mit der mich so viele teure Erinnerungen verbinden. Es lebe Seine Moajestät
der Kaiser Nikolaus, es lebe Ihre Majestät die Kaiserin Alexandra Feo-
dorowna!
Kaiser Nikolaus antwortet: Die herzlichen Worte, mit denen Euere
Majestät uns soeben auf rumänischem Boden willkommen zu heißen geruht
haben, haben mich tief gerührt. Dank den freundschaftlichen Traditionen,
welche unsere beiden Länder immer vereinigt haben, sind die Bande, welche
uns verbinden, durch die ruhmreichen gemeinsamen Erinnerungen und die
aufrichtige persönliche Freundschaft noch fester geknüpft worden. Ich bin
glücklich, heute einen Wunsch verwirklicht zu sehen, den ich seit langer Zeit
gehegt habe, den Wunsch nämlich, Euerer Majestät in Ihrem eigenen Lande
mündlich meine herzlichen Gefühle ausdrücken zu können, die ich für Euere
Masjestät empfinde. Unter der Aegide Euerer Majestät hat Rumänien einen
bemerkenswerten Aufschwung genommen und eine hohe Entwicklungsstufe
erreicht. Nirgends konnten die erlangten Erfolge aufrichtigerer Genugtuung
begegnen als in Rußland, wo man von jeher gewohnt ist, an den Ge-
schicken der Nachbarländer gleichen Bekenntnisses lebhaften Anteil zu nehmen.
Von diesem Strom von Sympathie, der ganz natürlicherweise die russischen
Herzen unseren rumänischen Freunden zuführt, haben sich Ihre Königlichen
Hoheiten der Prinz und die Prinzessinnen von Rumänien persönlich ge-
legentlich des Besuches vergewissern können, den sie uns abgestattet haben,
und der uns so große Freude bereitet hat. Die Freundschaft zwischen Ru-
mänien und Rußland, die sich auf die gegenscitige Sympathie der beiden
Europäischer Geschichtskalender. LV. 58