546 Ershbritanzien. (Juli 27.—30.)
speziellen Vorschlag, daß man zu dem Prinzip einer Vermittlung durch
eine Konferenz greife, habe er noch keine Antwort von der deutschen Re-
gierung erhalten. v
(Die deutsche Regierung übermittelt den englischen Vorschlag nach
Wien; aber die österreichisch-ungarische Regierung erklärt (am 28.), daß
nach Eröffnung der Feindseligkeiten seitens Serbiens und nach der in-
zwischen erfolgten Kriegserklärung sie den Schritt Englands als verspätet
ansehen müsse.)
27. Juli. Das erste Geschwader der Flotte, das zu Ubungs-
zwecken bei Portland versammelt ist, erhält Befehl, beisammen zu
bleiben. Alle Schiffe des zweiten Geschwaders verbleiben in ihren
Heimatshäfen.
27. Juli. (Dublin.) Bei der Konfiszierung von Waffen, die
für die Ulsterleute bestimmt find, ereignen sich schwere Unruhen.
28. Juli. Die „Westminster Gazette“ zur Lage.
Wir befürchten, daß es unmöglich ist, den Krieg zwischen Oesterreich-
Ungarn und Serbien zu verhindern. Doch sollte es keineswegs unmöglich
sein, Rußland zu überzeugen, daß seine Interessen durch das Bemühen
Oesterreich-Ungarns, sich Genugtuung von Serbien zu verschaffen, weder
in Frage gestellt noch gefährdet werden. Falls beispielsweise Oesterreich-
Ungarn die Zusicherung erteilte, daß es weder serbisches Gebiet sich ein-
verleiben noch die Souveränität Serbiens auslöschen wolle, und falls diese
Zusicherung von den übrigen Mächten bestätigt würde, so sollte das ge-
nügen, um Rußlands Beunruhigung zu beschwichtigen und den Eindruck
zu beseitigen, daß es auf Rußlands Einfluß abgesehen sei, oder daß durch
Oesterreich-Ungarns Vorgehen Rußlands Ansehen vielleicht bedroht werden
könnte. Der Beginn der Feindseligkeiten zwischen Oesterreich-Ungarn und
einem Balkanstaate ist natürlich eine sehr ernste Sache, denn niemand
vermag zu sagen, welche Rückwirkungen unter den Nachbarstaaten sich er-
geben mögen. Doch auf den angedeuteten Grundlinien sollte eine ver-
nünftige Aussicht geboten sein, die Ausdehnung des Kampfes auf die Groß-
mächte zu verhindern.
30. Juli. Telegrammwechsel zwischen Prinz Heinrich von
Preußen und König Georg V. (Siehe S. 389 f.)
30. Juli. (Unterhaus.) Vertagung der zweiten Lesung der
Zusatzvorlage zur Homerulebill. Grey über die Lage.
Premierminister Asquith sagt: Wir versammeln uns heute unter
Bedingungen, deren Ernst in unser aller Erfahrung kaum seinesgleichen
hat. Die Frage ob Krieg oder Frieden hängt in der Schwebe. Wir stehen
einer Katastrophe gegenüber, deren Umfang und Wirkung unmöglich ab-
geschätzt werden können. Unter diesen Umständen ist es von vitaler Be-
deutung für das Interesse der ganzen Welt, daß England, das keine eigenen
Interessen direkt auf dem Spiele stehen hat (Beifall), eine geschlossene
Front zeigt (lebhafter Beifall) und imstande ist, mit der Autorität einer
einigen Nation zu sprechen und zu handeln. Die Debatte über die Zusatz-
vorlage könnte unter solchen Umständen verderbliche Wirkungen auf die
internationale Lage haben. Er beantrage daher in Uebereinstimmung mit
Bonar Law die Vertagung und spreche die Hoffnung aus, daß der Patrio-
tismus aller Parteien dazu beitragen möge, soviel als dies in Englands