Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

Grasbritkannien. (Juli 30. 31.) 547 
Macht liege, das Unheil, das die ganze Welt bedrohe, wenn nicht abzu- 
wenden, so doch wenigstens zu umgrenzen. Staatssekretär Grey erwidert 
auf eine Anfrage Bonar Laws: Ich kann nur sehr wenig sagen und be- 
daure, nicht sagen zu können, daß die Lage weniger ernst ist als gestern. 
Die wichtigsten Tatsachen sind ziemlich unverändert. Oesterreich-Ungarn hat 
den Krieg gegen Serbien begonnen. Rußland hat eine teilweise Mobilisierung 
angeordnet. Dies führte bisher, soviel wir wissen, nicht zu entsprechenden 
Schritten seitens anderer Mächte. Wir fahren fort, das eine große Ziel zu 
verfolgen, den europäischen Frieden zu erhalten, und zu diesem Zwecke halten 
wir enge Fühlung mit den anderen Mächten. Hierin hatten wir, wie ich mit 
Freuden bemerke, soweit keine Schwierigkeit mit den anderen Mächten, wenn 
es auch für die Mächte nicht möglich war, sich der diplomatischen Aktion 
anzuschließen, die am Montag (27.) vorgeschlagen wurde. 
30. Juli. Die „Westminster Gazette“ zur Lage. 
Wir vertrauen, daß Sir Edward Grey jedes denkbare Mittel er- 
schöpfen wird, um den Frieden durch eine Konferenz oder Verhandlungen 
zu erhalten, und inzwischen sind wir entschieden gegen jeden Versuch, seine 
Hände zu binden und ihn schon im voraus auf einen bestimmten Kurs 
des Handelns festzulegen. Seine einzige Aussicht, Europa in dieser Lage 
zu helfen, ist, wenn er unparteiisch als Vermittler zwischen den Lagern 
steht. Der Gedanke, daß er, während er seine Uninteressiertheit betont, tat- 
sächlich Parteigänger wäre, würde für jeden Einfluß, den er auf die Mächte 
des Dreibundes ausüben könnte, verhängnisvoll sein. Niemand kann sagen, 
wie sich die Dinge entwickeln werden und was unsere Pflicht in dieser 
Voche erheischen mag. Es sind zweifellos Umstände denkbar, unter denen 
England kein uninteressierter Zuschauer des europäischen Konflikts bleiben 
könnte. Alle Mächte sind in der Lage, diese Umstände zu beurteilen und 
zu vermeiden. Aber wir haben Interessen und Verpflichtungen zu berück- 
sichtigen, die jede Entscheidung ernstlich berühren müssen, die wir betreffend 
den europäischen Konflikt treffen mögen, nämlich die Sicherheit Indiens 
und die Interessen der überseeischen Dominions und Besitzungen. Es ist 
müßig, in einem solchen Augenblick zu sprechen, als ob wir unbegrenzte 
Streitkräfte hätten, die wir vollständig für militärische Unternehmungen 
in Europa bestimmen könnten, ohne an die gewaltigen Interessen ander- 
wärts zu denken, die unserer Obhut anvertraut sind. 
31. Juli. (Unterhaus.) Ministerpräsident Asquith gibt fol- 
gende Erklärung ab: 
Wir haben soeben, nicht von St. Petersburg, sondern aus Deutschland 
erfahren, daß Rußland die allgemeine Mobilisierung des Heeres und der 
Flotte angeordnet hat, und daß infolgedessen der Kriegszustand in Deutsch- 
land erklärt werden wird. Wie wir erfahren, bedeutet dies, daß die Mobi- 
lisierung in Deutschland folgen wird, wenn die russische Mobilmachung all- 
gemein ist und durchgeführt wird. Unter diesen Umständen möchte ich vor- 
ziehen, keine weiteren Fragen vor dem 3. August zu beantworten. 
31. Juli und 1. August. Telegrammwechsel zwischen Kaiser 
Wilhelm und König Georg. (Siehe S. 390 f.) 
31. Juli und 1. August. Briefwechsel zwischen Präsident 
Poincaré und König Georg. (Siehe Frankreich.) 
31. Juli. Die „Times“ über die Aufgabe der englischen 
Politik. 
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