Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

1012 Asien. (September 10.) 
unseres erhabenen Herrschers nicht versäumen werden, dieselbe Loyalität 
und Stärke zu zeigen, durch die sie sich in der Vergangenheit ausgezeichnet 
hoben so daß wir alle uns bald der Wiederherstellung des Friedens er- 
reuen mögen. 
Hierauf bringt Finanzminister Wakatsuki das Kriegsbudget ein. 
Es beläuft sich auf 53 Millionen Yen, wozu noch ein bereits ausgegebener 
Betrag von 13,4 Millionen Den kommt. Der Gesamtbetrag soll dem 
Ueberschuß aus den Einnahmen des letzten Fiskaljahres entnommen werden. 
In der darauffolgenden Debatte übt der Seiyukai-Führer Ooka 
Kritik an der Haltung der Regierung. Es habe den Anschein, als habe 
England zunächst Japans Hilfe nur in der Weise gewünscht, wie England 
sie Japan zur Zeit des russisch-japanischen Krieges gebracht habe, nämlich 
indirekte Hilfe. Die Ausführungen des Ministers seien außerordentlich 
minutiös in den Punkten über die Lage in Europa und über die japanisch- 
deutschen Beziehungen, während über die Verhandlungen zwischen Japan 
und England keine Details veröffentlicht worden seien. Ihre Mitteilung 
sei wünschenswert, ebenso eine Erklärung, warum der RKrieg auf die 
Kiautschoubucht beschränkt werde, und warum Japan Kiautschou mit Waffen- 
gewalt den Deutschen zu nehmen und es China zurückzugeben beabsichtige. 
Baron Kato erwidert, er sei nicht imstande, diese Fragen zu beantworten, 
da es sich um diplomatische Geheimnisse handle. Der Abg. Matsuda er- 
klärt darauf, daß nur durch völlige Aufklärung die Einigkeit der Nation 
gewonnen werden könne, und daß die Regierung keine Entschuldigung 
finden lönne gegenüber dem Vorwurf, daß sie selbst eine solche Einigkeit 
nicht aufkommen lasse. Nach dem Text des englisch-japanischen Bündnisses 
sei Japan in keiner Weise gezwungen, den Bündnisverpflichtungen nach- 
zukommen, solange die territoriale Integrität und die speziellen Intere###n 
in Ostasien einen solchen Schutz nicht erforderten. Er wünsche daher zu 
wissen, ob Deutschland den dauernden Frieden in Ostasien gestört oder 
die speziellen Interessen Englands verletzt habe. Die Antwort erteilt Baron 
Kato in einer Geheimsitzung. 
10. September. (Japan.) Nachdem das Kriegsbudget sowie 
die Regierungsvorlagen über die Anwendung des Zolltarifs und 
die Seekriegsversicherung von beiden Häusern einstimmig angenommen 
sind, wird die außerordentliche Tagung des Reichstages durch eine 
Kaiserliche Botschaft geschlossen. 
In den Kommissionssitzungen kam es mehrfach zu Auseinander- 
setzungen zwischen den Seiyukai-Abgeordneten und der Regierung. Auf 
Aufragen erklärte der Minister des Aeußern Baron Kato, daß Japan 
nicht die Absicht habe, die deutschen Kolonien in Ozeanien zu beseten. 
In das Ultimatum an Deutschland habe er die Klausel von der even- 
tuellen Rückgabe Kiautschous an China eingefügt, weil er geglaubt habe, 
daß die Einfügung dieser Klausel für Japan vorteilhaft sei, doch hätte 
die Klausel nur dann zu Recht bestanden, wenn es nicht zum Kriege ge- 
kommen wäre. Durch die Kriegserklärung habe Japan sich der englischen 
Regierung für den Krieg verpflichtet. Japan habe tatsächlich den Mächten 
gegenüber die Erklärung abgegeben, daß es keine Absichten auf Gebiets- 
erweiterungen habe. Auf eine Anfrage, ob die Regierung nicht der Nation 
den Krieg aufgezwungen habe, um sie ihre inneren Zwistigkeiten vergessen 
zu machen, erwiderte Ministerpräsident Graf Okuma, diese Ansicht sei 
irrig, das Kabinett trage die volle Verantwortung; wer wolle, der möge
	        
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