Anhans I. Diplomatische Perhandlungen. (August 3.) 1065
(London.) Vorm. Grey sichert Frankreich offiziell den Schutz
der englischen Flotte zu (EB 148, FG 137).
Grey an den britischen Botschafter in Paris (En 148):
Nach der Kabinettssitzung heute morgen übergab ich M. Cambon folgende
Denkschrift: „Ich bin bevollmächtigt, eine Zusicherung abzugeben, daß die
britische Flotte, wenn die deutsche Flotte in den Kanal oder durch die
Nordsee kommt, um feindliche Operationen gegen französische Schiffahrt zu
unternehmen, allen in ihrer Macht stehenden Schutz gewähren wird. Diese
Zusicherung ist natürlich der Bedingung unterworfen, daß die Politik der
Regierung Seiner Majestät die Unterstützung des Parlaments findet und
darf nicht als bindend für die Regierung Seiner Majestät angesehen werden,
irgendwelche Aktion zu unternehmen, bis die oben bezeichnete Aktion der
deutschen Flotte stattfinden sollte.“
Ich setzte auseinander, wir hätten sehr umfassende Fragen und höchst
schwierige Möglichkeiten in Betracht zu ziehen und die Regierung sände,
sie könnte sich nicht binden, notwendigerweise Deutschland den Krieg zu
erklären, wenn morgen Krieg zwischen Frankreich und Deutschland aus-
breche; aber für die französische Regierung, deren Flotte schon lange im
Mittelmeer zusammengezogen sei, sei es wesentlich, zu wissen, was für
Pläne sie bei ihrer völlig unverteidigten Nordküste machen müßte. Wir
hielten es daher für nötig, eine Zusicherung zu geben. Ich verpflichtete
uns nicht zum Kriege mit Deutschland, wenn nicht die deutsche Flotte die
bezeichnete Aktion unternähme; aber ich gab Frankreich eine Sicherheit,
damit es imstande sei, über seine eigene Mittelmeerflotte zu verfügen.
M. Cambon befragte mich über die Verletzung Luxemburgs. Ich
nannte ihm die von Lord Derby und Lord Clarendon 1867 über diesen
Punkt niedergelegten Grundsätze. Dann fragte er mich, was wir zur Ver-
letzung der Neutralität Belgiens sagen würden. Ich sagte, dies sei
eine viel wichtigere Angelegenheit; wir überlegten, was für eine Er-
klärung wir morgen darüber im Parlament machen, nämlich, ob
wir Verletzung der belgischen Neutralität als casus belli erklären würden.
Ich teilte ihm mit, was dem deutschen Botschafter über diesen Punkt gesagt
worden sei.
Am 3. August oder wahrscheinlicher noch am Abend des 2. (s. Greys
Rede im Unterhaus vom 3. August, S. 553), jedenfalls ohne Kenntnis des
an Belgien gerichteten deutschen Ultimatums, wiederholt Grey dem fran-
zösischen Botschafter in offizieller Form diese Erklärung und fügt hinzu,
daß sie als bindend für die britische Regierung zu betrachten sei. Gleich-
zeitig gibt Grey die Ermächtigung, diese Erklärung in der französischen
Kammer bekanntzugeben, und fügt hinzu, daß er sie seinerseits im Unterhaus
bekanntmachen werde (FG 143).
(Berlin.) Die deutsche Regierung richtet an Belgien eine
auf zwölf Stunden befristete Anfrage betr. den Durchmarsch deutscher
Truppen durch Belgien (DW 3:#-, BG 20, FG 141; s. S. 380).
Diese Note wurde abends 7 Uhr überreicht.
3. August.
(Brüssel.) 7 Uhr morgens. Die belgische Regierung erklärt,
fie sei fest entschlossen, jeden Angriff auf ihr Recht mit allen ihr zu
Gebote stehenden Mitteln abzuwehren (BG 22, FG 141; s. S. 750).