Hebersicht über die politische Entwiczlung des Jahres 1914. 1143
treten zu lassen. Am 4. August erklärte der Kronrat mit allen
gegen die eine Stimme Peter Carps, keine Partei könne die Ver-
antwortung für diese Aktion übernehmen; auch sei der Bündnis-
fall nicht gegeben, da Rumänien von der österreichisch-ungarischen
Demarche in Belgrad weder benachrichtigt noch darüber befragt
worden sei (S. 916). Ausschlaggebend für diesen Beschluß war
neben der Rücksicht auf die ententefreundliche Stimmung des Landes
vor allem die weitverbreitete Uberzeugung von der unvermeidlichen
Niederlage der Monarchie, bei deren Aufteilung man eine Befric-
digung nationaler Wünsche zu erreichen hoffte. Wohl hielt die Re-
gierung zunächst noch eine wohlwollende Neutralität fest und der
König versicherte dem österreichischen Gesandten, keine Macht der
Welt könne ihn jemals bewegen, die Waffen gegen die Monarchie
zu ergreifen (S. 915). Aber unter der Einwirkung der von russischer
Seite betriebenen terroristischen Bearbeitung der öffentlichen Mei-
nung und der führenden Politiker, die für eine antirussische Politik
geradezu persönlich verantwortlich gemacht wurden, gewann der
Ruf „Auf nach Transsylvanien“ eine von Monat zu Monat sich
steigernde Werbekraft. Aus dem österreichischen „Rotbuch“ (S. 915)
wissen wir heute, daß das Gefühl, wortbrüchig werden zu müssen.
dem ritterlichen Rumänenkönig das Herz gebrochen hat. Seitdem
trieb die rumänische Politik offensichtlich im Fahrwasser der Entente,
und es handelte sich für sie nur mehr darum, den für die Aus-
führung des geplanten Beutezuges günstigsten Zeitpunkt abzuwarten.
Noch war der Aufmarsch der Heere in Europa nicht voll-Japans Ulti-
zogen, als bereits der Kriegsbrand auch im fernen Osten aufam.
flammte. Am 17. August überreichte der japanische Geschäftsträger
der deutschen Regierung ein bis zum 23. August befristetes Ulti-
matum, in dem die unverzügliche Zurückziehung der deutschen
Kriegsschiffe aus den japanischen und chinesischen Gewässern und
die bedingungslose Übergabe des gesamten Pachtgebietes von Kiau-
tschou an Japan bis zum 15. September gefordert wurden (S. 1000),
ein Ansinnen, das Deutschland ohne jede weitere Auseinandersetzung
nur mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen und mit der
Aufnahme der frechen Herausforderung beantworten konnte. Am
25. August trat auch zwischen Österreich-Ungarn und Japan