Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

1144 Mebersicht über die politische Entwichlung bes Jahres 1914. 
Kriegszustand ein. Nachträglich wurde bekannt, daß die deutsche 
Regierung der japanischen bereits am 12. August hatte mitteilen 
lassen, daß das deutsche Geschwader in Ostafien den Befehl er- 
halten werde, sich feindseliger Handlungen in den ostasiatischen 
Gewässern zu enthalten, falls Japan in dem deutsch -englischen 
Konflikte neutral bliebe (S. 1006). Auf dieses Anerbieten ist 
von japanischer Seite keine Antwort erfolgt. Denn bereits hatte 
England unter Hinweis auf die bestehenden Bündnisverpflichtungen 
Japans Beistand zum Schutze der englischen Interessen in Ostasien 
angerufen. Die Regierung des Mikado mußte, wenn sie ihre seit 
Jahren verfolgte Politik nicht preisgeben wollte, diesem Hilferufe 
Folge leisten. Daß dieser Schritt, der Japans Stellung im Streite 
der europäischen Großmächte einseitig festlegte, keineswegs von der 
Allgemeinheit rückhaltlos gebilligt wurde, erhellt aus den Verhand- 
lungen des japanischen Reichstages (S. 1009 ff.), in denen die Re- 
gierung nur eine sehr dürftige Begründung und Rechtfertigung 
ihres Vorgehens geben konnte; ja, sie mußte sogar den Vorwurf 
hinnehmen, daß sie der Nation den Krieg aufgezwungen habe, um 
sie ihre inneren Zwistigkeiten vergessen zu machen. Jedenfalls war 
in Japan von Anfang an eine starke Bewegung gegen den Krieg 
vorhanden, die auch eine Entsendung japanischer Truppen nach den 
europäischen Kriegsschauplätzen, wie sie von den Ententemächten 
mehrfach dringend gewünscht wurde, nicht zur Ausführung kommen 
ließ. Das Schicksal Tsingtaus konnte trotz der ausdauerndsten Gegen- 
wehr der Besatzung nicht zweifelhaft sein. Am 7. November mußte 
sie nach Erschöpfung aller Verteidigungsmittel die Waffen strecken 
(S. 1012). 
War auch der zeitweilige Verlust Kiautschous und all der 
anderen überseeischen Gebiete, in denen deutscher Fleiß und deutsche 
Tüchtigkeit so herrliche Früchte zu bringen versprach, nach Lage 
der Dinge unabwendbar, so konnte er doch unsere Siegeszuversicht 
nicht verringern; denn die Entscheidung mußte, das fühlten auch 
unsere Gegner, auf den Schlachtfeldern Europas fallen. 
Hier erwiesen sich unsere Waffen dank der genialen Leistungen unserer 
Führer und der heldenmütigen Tapferkeit unserer Truppen von 
Beginn an denen unserer Feinde weit überlegen. Entsprechend den
	        
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