Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

1148 Nebersicht über die politische Entwicluns bes Jahres 1914. 
Der Kriegs= reichische Offensive an der Drina und der Save mußte alsbald auf- 
ere n gegeben werden, da die Truppen in Galizien benötigt wurden. Erst 
Ende Oktober, nachdem serbische Einfälle in Syrmien und Ost- 
bosnien abgewiesen waren, drang eine österreichische Armee unter 
Feldzeugmeister Potiorek aufs neue in Serbien ein. Am 15. No- 
vember wurde Valjevo und am 2. Dezember Belgrad besetzt. Leider 
war dem Unternehmen kein nachhaltiger Erfolg beschieden. Weitere 
Angriffe auf die stark ausgebauten serbischen Stellungen südöstlich 
Valjevo scheiterten, und, da auch das Nachschub= und Verpflegungs- 
wesen versagte, mußte unter beträchtlichen Verlusten der Rückzug 
angetreten und Mitte Dezember das gesamte besetzte Gebiet wieder 
geräumt werden. 
Der Seetrieg. Zu der anfangs erwarteten großen Seeschlacht, in der die 
junge deutsche Flotte mit der britischen Seebeherrscherin sich hätte 
messen können, ist es im Berichtjahre nicht gekommen; aber daß 
unserer Marine der kühne Geist wagemutiger Offensive nicht fehlt. 
hat sie durch zahlreiche Taten, die für alle Zeiten Ehrenblätter ihrer 
Geschichte bilden werden — es sei nur der Leistungen unseres Aus- 
landsgeschwaders unter Graf Spee, des Kreuzers „Emden“, des 
II-Bootes 9 gedacht —, vor aller Welt bewiesen. — 
Der Zusammenstoß der beiden großen europäischen Mächte- 
gruppen, der in den sommerheißen Augusttagen des Jahres 1914 
seinen Anfang nahm, eröffnete nicht nur, militärisch betrachtet, eines 
der gewaltigsten Kapitel in der vieltausendjährigen Kriegsgeschichte 
der Menschheit, sondern bedeutete zugleich ein tiefeinschneidendes, 
in seinen Fernwirkungen zunächst gar nicht übersehbares politisches 
Ereignis. Damit war von vornherein die Möglichkeit einer 
Derdrohendeweiteren Ausdehnung und Verschärfung des Konflikts ge- 
Weltirieg. geben und die Gefahr eines Weltkrieges in furchtbar bedroh- 
liche Nähe gerückt. Während aber Deutschland, das den Krieg 
durchaus als einen Verteidigungskrieg ohne alle Eroberungsabsichten 
führte, von Anfang an mit aller Entschiedenheit auf seine Ein- 
dämmung hinarbeitete, haben es die Ententemächte als ihr vor- 
nehmliches Ziel betrachtet, den in den allgemeinen politischen Ver- 
hältnissen latent vorhandenen Konfliktsstoff zur Entwicklung zu 
bringen und für die Förderung der eigenen Zwecke dienstbar zu
	        
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