Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

Außen- 
politik. 
Türkei. 
Heeres- 
reform. 
1186 NMebersicht üher die politische Entwichlun des Jahres 1914. 
drängende nationalistische Politik der Regierung erblicken. In der 
Kriegssitzung der Duma am 8. August (S. 840 ff.), in der alle 
Parteien und Nationalitäten des weiten Zarenreiches sich einmütig 
zu den Zielen der Regierung bekannten, haben allein die Sozialisten 
in einer scharfen Erklärung gegen den Krieg Einspruch erhoben. 
Auch während des Krieges, insbesondere nach den schweren Nieder-= 
lagen der russischen Armeen in Polen, haben die Sozialdemokraten 
ihre kriegsgegnerische Propaganda fortgesetzt (S. 849 f., 853). Zu- 
verlässige Nachrichten über die Vorgänge im Innern Rußlands in 
den Kriegsmonaten find allerdings nur spärlich zu uns gelangt. 
Daß die zarische Regierung trotz der gleißnerischen Versprechungen 
für die Polen und die Juden (S. 845) an der systematischen Unter- 
drückung und Entrechtung der Nationalitäten festhielt, beweist ihr 
Verfahren gegen Finnland, das nach einem Mitte November er- 
schienenen kaiserlichen Ukase vollständig mit Rußland vereinigt werden 
sollte (S. 852). 
Rußlands auswärtige Politik ist in ihren Grundzügen 
bereits im allgemeinen Teile (S. 1099 ff.) besprochen worden. Wichtig 
für die Geschichte der letzten Jahre ist die am 20. Februar aus- 
gegebene Sammlung von Aktenstücken über die Balkankrise 1912.13 
(S. 803 ff.), die Rußlands Haltung naturgemäß in günstigem Lichte 
erscheinen lassen. über die leitenden Gesichtspunkte der rusfischen 
Außenpolitik hat sich Ssasonow am 23. Mai in der Dumoa ein- 
gehend geäußert (S. 822 ff.). Bezeichnend für Rußlands Macht- 
politik sind dabei die Ausführungen über das Verhältnis zur 
äußeren Mongolei, die unaufhaltsam dem russischen Einflusse er- 
lag. Anfang Dezember wurde das Ergebnis einer russisch-mongo- 
lischen Konferenz veröffentlicht, wonach fast alle Rechte und Gerecht- 
same der Mongolei an Rußland übergehen sollten (S. 1017). 
Die unmittelbar nach dem unglücklichen Ausgange des Balkan- 
krieges in der Türkei begonnene durchgreifende Reorganisation 
des Heeres und der Flotte wurde von dem Führer der Jung- 
türken Enver Pascha, der zu Beginn des Jahres die Leitung des 
Kriegsministeriums übernahm (S. 856), in umfassendster, plan- 
mäßigster Weise zur Durchführung gebracht. Gleich Kine erste Maß- 
 
	        
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