Meeicht über die politiscze Eutwichlung des Jahres 1914. 1187
regel, die Verabschiedung zahlreicher, den erhöhten Anforderungen
des Dienstes nicht gewachsener Offiziere, bewies den starken Willen,
ganze Arbeit zu machen und sich durch persönliche Rücksichten von
der Erreichung des gesteckten Zieles nicht abbringen zu lassen. Die
Wehrpflicht für alle Osmanen wurde wiederhergestellt, die Dauer
der Dienstzeit aber auf zwei Jahre beschränkt, um wirtschaftlichen
Unzuträglichkeiten vorzubeugen. Die Ausbildung des Heeres war
bei der deutschen Militärmission unter General Liman von Sanders,
der am 10. Januar zum Generalinspekteur der Armee und der Militär-
schulen ernannt wurde, nachdem er auf das Betreiben Rußlands das
aktive Kommando hatte abgeben müssen, in den besten Händen, während
sich die Tätigkeit der englischen Marinemission unter Admiral Limpus
von zweifelhaftem Werte erwies (S. 1150). Von der Kammer
wurden am 22. Juli außerordentliche Heereskredite im Betrage von
5 Millionen türkischen Pfund und außerordentliche Marinekredite
im Betrage von 8 Millionen bewilligt (S. 872). Die Sammel-
ergebnisse des Flottenvereins ermöglichten es, von der englischen
Firma Armstrong zwei Großlinienschiffe zu erwerben und andere
Marinebestellungen in Auftrag zu geben (S. 856, 861 f.). Auch an
dem inneren Ausbau des Staatswesens wurde emsig ge-
arbeitet. Der Kammer, die am 14. Mai nach fast zweijähriger
Unterbrechung ihre Sitzungen wieder aufnahm, wurden nicht weniger
als 542 Gesetzentwürfe, darunter sehr einschneidende Vorlagen, wie
die Umbildung der Wilajetverwaltung und die Durchsicht der Ver-
fassung, unterbreitet. Zur Deckung der Kriegsschulden und dauern-
den Festigung der Staatsfinanzen wurde am 9. April mit Frank-
reich ein umfangreiches Anleiheabkommen vereinbart (S. 649 f.),
wonach die Türkei 800 Millionen Franken erhalten sollte, während
sich Frankreich ausgedehnte Eisenbahnkonzessionen in Kleinasien und
Syrien sicherte. Bemerkt zu werden verdient die Vertragsbestimmung,
daß auch nicht der geringste Bruchteil der Anleihe zu Vorbereitungen
eines Angriffs gegen einen fremden Staat verwendet werden dürfe.
Auch mit den übrigen Großmächten fanden in der ersten Jahreshälfte
eingehende Verhandlungen statt, um die wirtschaftliche Entwicklung
des Landes zu fördern und sicherzustellen. Am 9. Mai begab sich eine
Sondergesandtschaft nach Livadia, um den Zaren im Namendes Sultans
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Innere
Reformen.