Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

580 Greßbritannien. (September 24. -29.) 
24. September. Relative Konterbande. 
Der niederländische „Staatscourant“ teilt mit, daß die englische 
Regierung nunmehr als relative Konterbande betrachtet: Kupfer, unbear- 
beitetes Blei in Blöcken, Platten oder Röhren, Glyzerin, Chromeisen, 
braunes Eisenerz, Magnesiteisenerz, Kautschuk, ungegerbte Häute und Felle. 
Bearbeitetes Leder ist nicht inbegriffen. 
26. September. Die englische Gesandtschaft im Haag stellt der 
niederländischen Regierung folgende Mitteilung des Auswärtigen 
Amtes über die Kriegslage zu: 
Der erste Lord der Admiralität hat dieser Tage in einer Unter- 
redung mit dem Berichterstatter eines englischen Blattes erklärt, obschon 
noch keine entscheidende Schlacht gegen die Deutschen geliefert sei, beherrschen 
wir nichtsdestoweniger in weitem Maße die See, ebenso wie wenn eine 
solche Schlacht schon stattgefunden hätte. Die Elbmündung werde eng 
blockiert, der deutsche Handel sei unterbunden, die Zufuhr für Deutschland 
abgeschnitten, während die britische Einfuhr und Industrie ununterbrochen 
weitergehe und viele Tausende von Mannschaften in Sicherheit über den 
Ozean gebracht würden. Wir haben das Vertrauen, daß wir den Krieg 
gewinnen werden, und werden unser letztes Goldstück und unsern letzten 
Mann darauf verwenden. Dank der außerordentlichen Tapferkeit des franzö- 
sischen Heeres, der unerwartet schnellen Kräfteanspannung der Russen, der 
Verwegenheit und Begeisterung Belgiens und der großen Zerschmetterung 
der Oesterreicher ist die Lage am Ende des ersten Monats weitaus gün- 
stiger als nach dem achten oder neunten Monat erst zu erwarten gewesen 
wäre. Von der Grundlage eines vorhandenen Uebergewichtes von beinahe 
2 zu 1 auf dem Gebiet der Flotte ausgehend, wird das gegenwärtig gel- 
tende Schiffbauprogramm uns binnen Jahresfrist einen noch größern Vor- 
sprung verschaffen, indem wir die mächtigsten Schiffe haben werden, die 
jemals vom Stapel gelassen werden. Deutschland scheint schon das Aeußerste 
geleistet zu haben, was es vermag; allein Rußland und England sind erst 
am Anfang. 
28. September. Der „Daily Telegraph“ über die deutsche 
Flotte. 
Churchill sagte kürzlich, wenn die deutsche Flotte nicht herauskäme, 
um zu kämpfen, würde sie wie die Ratte aus dem Loch gegraben werden. 
Leider wird nun das Loch durch Küstengeschütze, Seeminen, Zerstörer und 
Unterseeboote verteidigt. Die Operation des Ausgrabens wird daher nicht 
leicht sein und könnte gegenwärtig tatsächlich wohl nur unter beträchtlichem 
Verlust von Schiffen und Menschen unternommen werden. Wir würden 
dabei viel, Deutschland aber nur wenig riskieren. 
29. September. Die Hafenbehörde von Grimsby kündigt an, 
daß vom 1. Oktober ab keine neutralen Fischerboote in den Häfen 
der englischen Ostküste zugelassen werden. Die Fischerei wird allein 
an der Westküste zugelassen. 
29. September. Die Regierung ersucht die amerikanische Re- 
gierung, die Kohlenversorgung deutscher Kreuzer aus Kohlenschiffen 
zu überwachen, die von New York angeblich nach südamerikanischen 
Häfen gehen.
	        
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