Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zweiunddreißigster Jahrgang. 1916. Zweiter Teil. (57b)

76 Großbritannien. (Jannar 3. 4.) 
stört. Denn bekanntlich träumt man in Spanien selbst davon, der Friedens- 
stifter des Weltkrieges zu werden und den Friedenskongreß dereinst in 
Madrid tagen zu sehen. Diese Rolle nun ohne weiteres Wilson ab zutreten 
und ihm noch dienlich zu sein, sie zu spielen, war daher für Spanien 
ganz unmöglich. 
Der „Köln. Ztg.“ wird von ihrem Washingkoner Berichterstatter unterm 
1. Jan. geschrieben: Die allgemeine Erörterung wendet sich der Bemerkung 
in der Antwort Spaniens zu, die die Tatsache enthüllt, daß Washington 
noch eine geheime Mitteilung an die neutralen Regierungen gerichtet bat, 
worin es sich bestreble, sie zu überreden, Wilsons Friedensunternehmen 
zu fördern. Dieser Abschnitt ändert gänzlich die Beziehungen Washingtons 
zu den Friedensverhandlungen. Spaniens Enthüllung wird als eine glatte 
Widerlegung der Erklärung Lansings betrachtet, wonach die Note keine 
Friedensnote sei. Die spanische Antwort wird als eines der bemerkens- 
wertesten diplomatischen Schriftstücke des Kriegs betrachtet. Scharfe Kritik 
findet es, daß Wilson sich an König Alfons wendet und ihn um seine 
guten Dienste bittet. 
V. 
Großbritannien. 
3. Jan. Staatssekretär des Innern Sir John Simon tritt 
wegen Opposition gegen die Dienstpflichtbill aus dem Kabinett aus. 
3. Jan. Errichtung des „Foreign Trade Department of the 
Joreign Office". 
Die Aufgabe dieser neuen Abteilung beim Auswärtigen Amt ist, das 
neue Gesetz über den Handel mit dem Feinde durchzuführen. Es soll ver- 
hindert werden, daß britische Privatpersonen oder Gesellschaften mit feind- 
lichen Personen oder Gesellschaften im neutralen Auslande Handel treiben. 
4. Jan. Das Auswärtige Amt veröffentlicht ein „Weißbuch“ mit 
eingehend begründeter Erklärung über die Maßregeln, die ergriffen 
wurden, um Deutschlands Seehandel abzuschneiden. 
Es wird darin betont, daß alles mögliche getan wurde, um den Neu- 
tralen Unannehmlichkeiten zu ersparen Das „Weißbuch“ gibt einen Ueber- 
blick über die Erfolge der britischen Politik. Volle Informationen seien 
nicht zu bekommen, aber der Ausfuhrhandel Deutschlands sei so ziemlich 
zerstört. Was die Einfuhr betresse, so glaube man, daß einige der wich- 
ligten Artikel, wie Baumwolle, Wolle und Gummi, seit vielen Monaten 
aus Deutschland ausgeschlossen seien. Andere, wie Oele und Milchprodukte, 
seien, wenn überhaupt, nur zu Hungerpreisen zu haben. Die britische 
Blockade könne nicht verhindern, daß einige Artikel Deutschland erreichten, 
aber sie sei bis zu einem Grade von Erfolg gekrönt, der von berufener 
Seite hier und in Deutschland früher für unmöglich gehalten wurde. Die 
Wirksamkeit der Blockade steige von Tag zu Tag. Man müsse hinzufügen, 
daß diese Erfolge ohne ernstliche Reibung mit neutralen Regierungen er- 
zielt wurden. Es seien gute Gründe vorhanden, auf die Wichtigkeit des 
Wohlwollens der Neutralen für Großbritannien nicht näher einzugehen,
	        
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