Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Erster Teil. (58a)

J. 
Das Deutsche Reich 
und seine einzelnen Glieder. 
1. Jan. Telegrammwechsel zwischen dem Kaiser und der 
Kaiserin. 
Unsere braven Truppen von allen deutschen Stämmen und unsere 
wackeren Verbündeten haben unter bewährter tatkräftiger Führung Rumänien 
bis an den unteren Sereth vom Feinde gesäubert! Starke russische Hilfe 
reichte nicht aus und kam zu spät, die Entscheidung zu wenden. Verheißungs- 
voll schließt damit das alte Jahr! Dankbar gegen Gott und stolz auf Deutsch- 
lands Kraft blicke Ich auf die rückliegende Kriegszeit sowie voll Vertrauen 
in das kommende Jahr auch weiteren Kämpfen und mit Gottes Hilfe neuen 
Siegen entgegen! Wir halten durch! Wilhelm. 
Wie dankbar und stolz bin ich mit Dir auf unsere braven Truppen, 
denen Gott beigestanden hat, bis an den Sereth siegreich vorzudringen. Auch 
im Rückblick auf das verflossene Jahr 1916 kannst Du dankbar und stolz 
sein. Schwer, ja sehr schwer war es, aber Gott hat bisher durchgeholfen, 
er helfe auch weiter und gebe uns schließlich den Sieg, der mein Neujahrs- 
wunsch für Dich. Der Herr erhalte Dich und die Kinder und unser teures 
Vaterland. Viktoria. 
1. Jan. Der Präsident des Reichstages richtet an Kaiser 
Wilhelm folgendes Telegramm: 
Ew. Kaiserl. und Kgl. M. bitte ich am heutigen Tage die ehrfurchts- 
vollsten und herzlichsten Glückwünsche des Reichstags entgegennehmen zu 
wollen. Schicksalsschwer schlägt die Stunde, die das deutsche Volk aus dem 
alten in das neue Jahr hinüberführt. Noch ist die Antwort nicht bekannt, 
die auf Ew. M. und Ew. M. Verbündeten hochherziges Friedensangebot 
von den feindlichen Mächten zu erwarten ist. Mit Ew. M. ist das deutsche 
Volk zu einem Frieden bereit, der unsere Zukunft sicher stellt, aber gleich-- 
zeitig mit Ew. M. entschlossen, falls unsere Feinde die dargebotene Hand 
zurückweisen, den Krieg bis zum siegreichen Ende zu führen. Gott segne 
Ew. Kaiserl. und Kgl. M., Gott segne das Vaterland. 
Kaiser Wilhelm erwidert: Eingedenk der rühmlichen Mitarbeit des 
Reichstags an der Verteidigung des Vaterlands gegen den auf seine Freiheit 
und wirtschaftliche Entwicklung gerichteten Ansturm der Feinde nahm Ich 
die Glückwünsche des Reichstags zum dritten Jahreswechsel im Kriege gern 
entgegen. Ich weiß Mich eins mit den gewählten Vertretern des deutschen 
Volks und allen patriotisch fühlenden Deutschen in dem unerschütterlichen 
Entschluß, für die siegreiche Durchführung unserer gerechten Sache auch 
fernerhin jedes Opfer zu bringen, bis der ersehnte endgültige Friede er- 
rungen und wieder freie Bahn für die Betätigung deutscher Intelligenz und 
Arbeitsamkeit geschaffen ist. 
Curopäischer Geschichtskalender. LWVIII. 1