490 Peuisches Reich. (Mai 4.—8.)
Schöpflin wünscht, das würde die Briefe nur verzögern. Die Erhöhung
der Löhnung kostet natürlich viel Geld, aber das ganze Kriegsmaterial
kostet viel Geld und muß doch bezahlt werden. Es kommt im Kriege auch
auf die Stimmung der Soldaten an. Viele Sorgen des Mannes um seine
Familie könnten vermindert werden, wenn eine genügende Löhnung ge-
zahlt würde. Das Offizierspensionswesen ist einem Punkte vollkommen
haltlos. In den besetzten Gebieten werden den lib. und soz. Zeitungen im
Bahnhofsbuchhandel Schwierigkeiten gemacht; der Kriegsminister wird das
sicherlich nicht billigen, es liegt vielleicht an einem übelwollenden Bahn-
bofskommandanten. Der Soldat hat das Recht zu lesen, was er will. Die
intoleranten Menschen, die so kurzsichtig sind und von der neuen Zeit so
wenig Ahnung haben, daß sie den Soldaten vorschreiben wollen, was sie
lesen dürfen, passen nicht in eine solche Stellung. Die Militärverwalmung
muß den Bedürfnissen der Landwirtschaft durch Beurlaubungen möglichst
entgegenkommen. Aber Bedenken haben wir gegen das Verlangen, daß
aus den besetzten Gebieten landwirtschaftliche Maschinen nach der Heimart
geschafft werden, denn dagegen bestehen völkerrechtliche Bedenken. Die Sol-
datenheime und Eisenbahnerheime sind sehr segensreiche Einrichtungen; der
Kriegsminister würde sich Dank verdienen, wenn er sie in großzügiger Weise
förderte. Unsere Wünsche können nicht erfüllt werden, wenn der Kriegs-
minister sich nicht von ihrer Berechtigung überzeugt. Wir wünschen, daß
wir einen wirklich verantwortlichen Kriegsminister bekommen, der durch-
setzen kann, was er will. (Beif. l.)
Oberst v. Wrisberg: Wegen der Mißhandlungen hat der Kriegs-
minister seinen Standpunkt dargelegt und seinen Worten die Taten folgen
lassen; er hat Maßnahmen getroffen, um dem Unfug zu steuern, er hat
die Generalkommandos angewiesen, sich von den Untersuchungen zu über-
zeugen, und er wird gegebenenfalls auch selbst Referenten hinausschicken.
Die Anzahl der Burschen wird die Militärverwaltung nach Möglichkeit
verringern. Auf die eine Beschwerde des Abg. Schöpflin ist festgestellt, daß
es keinen Kompagnieführer gibt, der zwei Burschen hat. Auf den Wunsch
nach einem zweiten Putzgeld ist schon angeordnet worden, daß verlorenes
oder unbrauchbares Putzzeug ersetzt werden kann. Gegen das Aufkaufen
großer Mengen von Lebensmitteln durch Offiziere bei den Marketendereien
und Kantinen ist bereits eine Verfügung ergangen. Die Militärverwaltung
steht auf dem Standpunkt, daß die Kantine am besten wirtschaftet, die den
Leuten die Sachen möglichst billig gibt und keine Ueberschüsse macht. Die
Verkaufspreise in den Kantinen und Marketendereien lassen sich an die
Höchstpreise in der Heimat nicht anschließen, denn sie kaufen von den Pro-
viantämtern, und wenn diese nicht die Lebensmittel unter dem Höchstpreis
bekommen können, müssen die Preise höher sein. Wegen der Zeitungen
kennen die Herren unseren grundsätzlichen Standpunkt; es wird eingegriffen,
wenn wir solche Fälle bekommen. Wir werden ferner alles tun, um für
die Soldatenheime zu sorgen. Daß es draußen nicht ganz so schlimm steht,
wie es nach Herrn Schöpflin scheint, beweisen die vielen Briefe, die die
Heeresverwaltung und wohl auch die Abgeordneten bekommen haben. Der
Anschein darf nicht erweckt werden, als ob die Heeresverwaltung nicht alles
tue, um alle Klagen zu beheben. Die Truppe muß vielmehr aus meinem
Munde hören, daß die Heeresverwaltung für jeden Soldaten draußen ein
warmes Herz hat und ihm hilft, wo und wie sie nur kann. Aber auch
das Volk in der Heimat muß die Ueberzeugung gewinnen, daß in den
militärischen Leistungen unserer Führer und Soldaten das Wort begründet
ist: Lieb Vaterland magst ruhig sein! (Beif.)
Abg. v. Boehn (Kons.): Der deutsche Militarismus, dessen Vernichtung