492 Bentsches Reich. (Mai 4.—8.)
die Klagen haben sich verringert; auf manchen Gebieten ist Remedur geschaffen
worden. Der Kollege Haas hat das wunderschöne Wort gesprochen: man
muß jeden Mann in seiner Kompagnie lieb haben. Dieser Geist herricht
im Heere. Die Volksernährung ist von unserer Landwirtschaft in einer
ungeahnten Weise vollzogen worden. Wer hätte je gedacht, daß wir faß
drei Jahre ohne jede Einfuhr hätten auskommen können! Aber die Lage
der Landwirtschaft wird immer schwieriger, weil es immer mehr an Be-
bauern fehlt. Die Gefangenen werden bei uns teilweise zu gut behandelt.
Die Verpflegung unserer Truppen ist im ganzen außerordentlich gut. Bei
den Strafen soll nichts geschehen, was das Ehrgefühl der Soldaten ge-
fährdet. Wir freuen uns deshalb, daß der Kriegsminister die Strafe des
Anbindens abschaffen will. Viel geklagt wird über die ungerechte Ver-
teilung des Eisernen Kreuzes. Die Erhöhung der Mannschaftslöhne würde
allseitig dankbar begrüßt werden.
Abg. Sir (Ztr.): Dem Vertrauensvotum, welches die Vorredner dem
Kriegsminister entgegengebracht haben, kann ich mich nur anschließen. Nicht
nur denen draußen, die so wacker an der Front ausgehalten, gebührt unjer
Dank, sondern auch der Heimarmee, den Männern wie den Frauen. Für
die Munitionsarbeiter verlangen wir auch eine entsprechende Bezahlung:
da wird der Chef des Kriegsamts gewiß nach dem Rechten sehen. Wo
noch Beschimpfungen vorkommen, sollten die Kompagniechefs und Bataillons-
führer sich mehr um diese Dinge kümmern, dann wird es besser werden.
Die Resolution wegen Erhöhung der Mannschaftslöhnung begrüßen wir.
denn auch diese Maßnahme wird zur Erhöhung der Stimmung der Truppen
beitragen. Die Handhabung der Urlaubserteilung ist sehr ungleichmäßig.
Wenn man sieht, wie in den kleinen Garnisonsorten die Mannschaften
herumbummeln, während der Acker daheim nicht bestellt werden kann, da
macht man sich seine eigenen Gedanken, da tut einem geradezu das Herz
weh; und um so unbegreiflicher ist es, wenn die Urlaubsgesuche für solche
Mannschaften ohne weiteres zurückgewiesen werden. Wir brauchen alle
zeitweise irgendwie entbehrliche Leute für die Landwirtschaft, wenn wir
wirtschaftlich durchhalten wollen. In manchen Militärlazaretten ist ein
wahrer Luxus von Wärter-, Aerzte- und militärischem Personal vorhanden.
Besondere Berücksichtigung hinsichtlich der Beurlaubung verdienen auch die
kinderreichen Familienväter. Auch der Ausschußresolution, welche die Be-
förderung zum Offizier nicht mehr vom Einjährigenzeugnis abhängig ge-
macht wissen will, stimmen wir zu; der Krieg hat uns in dieser Beziehung
manche Lehre gegeben. Daß die bayerische Gewehrfabrik in Amberg auf-
gelassen werden soll, erfüllt mich mit großem Bedauern. 200 brave. königs-
treue Leute werden durch die Verlegung der Fabrik einfach brotlos gemacht.
Generalmajor v. Oven: Die angeschnittene Frage der Erhöhung der
Mannschaftslöhne wäre leicht zu lösen, wenn die Verwaltung nur
ein militärisches Herz hätte. Man muß aber bedenken, daß schon eine Er-
höhung von 10 Pf. zu sehr erheblichen Mehrausgaben führen würde. Die
Militärverwaltung war mit dem Reichsschatzamt der Meinung, daß zu-
nächst eine Erhöhung der Familienunterstützung erfolgen müsse. Dies ist
durchgeführt worden. Daß bei einer längeren Dauer des Krieges eine Er-
höhung der Mannschaftslöhne notwendig ist, ist richtig. Wie dies aber zu
geschehen hat, wissen wir noch nicht.
Staatssekretär des Reichsschatzamts Graf v. Roedern: Die Frage der
Erhöhung der Mannschaftslöhne hat uns im vorigen Jahre mehrfach
beschäftigt. Der Reichstag hat sich in seiner Mehrheit auf den Standpunkt
gestellt, daß andere finanzielle Aufgaben zurzeit dringender wären. Diesem
Standpunkt konnte die Reichsfinanzverwaltung nur folgen. Sie konnte ihm