Die ãsterreitisq ·angarise Nenarqie. (Juni 12. - 16.) 109
mit überwältigender Mehrheit noch vor dem Friedensschlusse den Kaiser
von Oesterreich zum König von Rumänien wähle. Die Wirkung dieser
Wahl wäre der Anschluß Rumäniens an die Monarchie, die Form, in der
sie sich vollzieht, die Personalunion. Redner legt die militärischen, politi-
schen und wirtschaftlichen Vorteile dar, die sich aus dieser Verbindung für
die Monarchie ergeben würden. Für die Rumänen aber würde sie die von
den Volksgenossen aus sämtlichen rumänischen Ländern sehnlichst gewünschte
Bereinigung unter demselben Szepter bedeuten. Auf dieses Ziel seien die
Bestrebungen aller Rumänen gerichtet. Ebendeswegen haben sie keinen
Anlaß zu staatsrechtlichen Verwahrungen. Bedingungslos bekennen sie sich
zu Oesterreich-Ungarn. Im Rahmen der Monarchie und ihrer historischen
Mission gemäß wollen sie sich ihrer nat. Eigenart gemäß ausleben. Auch die
Rumänen fordern ihren Platz an der Sonne — in Oesterreich-Ungarn.
Abg. Dr. Tobolka (Tscheche): Die Bölker wollen nach Beendigung
der großen Kriegskrise selbst über ihr Geschick entscheiden als gleichberech-
tigte und gleichwertige Faktoren. Wenn sie aber in staatsrechtlicher Hin-
sicht vereinigt, zusammengefaßt werden sollen, so ist hierzu nicht die zentra-
listische Form geeignet, sondern die Form der föderalistischen Auszestaltung
des Staates. Jeder Staat muß heute sein Verhältnis zu den Nationali-
täten ordnen und regeln. Das böhmische Problem ist einfach da und den
entscheidenden Faktoren kann es nicht erlassen werden, hierzu Stellung zu
nehmen. Der Ministerpräsident genoß nicht unser Vertrauen seit der Zeit
seines Regierungsantrittes, er gewann es auch nicht mit seiner heutigen
Erklärung noch mit seinem Vorgehen gegen uns; er kann daher nicht auf
unsere Unterstützung rechnen bei einem Budgetprovisorium ohne Ziffern
und mit solchen Vollmachten, wie sie keine Regierung vor dieser in Vor-
schlag brachte. Wir werden gegen das Budgetprovisorium stimmen.
Abg. Dr. Redlich (Deutschnat.): Die einzige faßbare Antwort, die wir
bisher auf alle Probleme bekommen haben, hat der Ministerpräsident mit
dem einen Worte gegeben: Oesterreich. Sein Programm ist Oesterreich.
Damit ist aber für dieses Haus zunächst nicht viel getan. Oesterreich wollen
wir alle. Der Gedanke, daß der österr. Staat mitten in diesem Weltkriege
wieder ein Problem noch mehr als früher geworden ist, ist vielleicht das
wichtigste Ergebnis des Krieges. Es ist auch wichtig, festzustellen, daß in
die Reihe derjenigen, welche die österr. Verfassung als reformbedürftig be-
trachten, nun auch die österr. Regierung tritt. Der österr. Staat kann
in unserer Zeit nur bestehen, wenn ihm die Lebensordnung nicht von oben
oktroyiert wird. Ich bin ein abgesagter Feind der Idee, Oesterreich durch
Oktroyierungen zu einem glücklichen, gesegneten Staate zu machen. Was
wir brauchen, ist, auf der heute schon bestehenden Grundlage fortzubauen,
mit dem Ziel einerseits der Erhaltung des Einheitsstaates, der in diesem
Kriege sich doch als die europäische Einheit aller unserer Bölker bewährt
hat, andererseits die inneren Zustände so zu gestalten, daß sie sämtlichen
Bölkern zwar nicht alles bieten, aber doch wohnlicher erscheinen als bisher.
Es ist höchste Zeit, daß wir der Welt zeigen, daß wir selbst aus uns heraus
wohl nicht alles auf einmal, aber wenigstens etwas leisten können, was
mehr als alle wohlgemeinten patriotischen Reden unseren Feinden zeigen
würde, daß sie Oesterrgich doch nicht kennen, daß sie die österr. Völker nicht
kennen und daher das schwerste Unrecht gegen diesen alten Träger einer
entwickelten Kultur begehen, indem sie mit ungemessenen feindseligen An-
schlägen und Plänen gegen uns vorgehen. Wenn wir aber das nicht ver-
mögen, wenn wir uns damit begnügen, die „berühmten Aufgaben“ zu
lösen, die uns gestellt werden, kann es für uns noch sehr ernst werden.
Wir werden verlangen müssen, daß wir den Entwurf eines Budgets be-