Nie i##erreichisch-ungarische Monarchie. (Juni 21.—22.) 121
bilde, und zwar auf der Grundlage jener Prinzipien, die in dem durch
die frühere Regierung gegengezeichneten Allerhöchsten Handschreiben (s.
S. 71) niedergelegt seien, entwickelt er eingehend sein Programm innerer
Reformen, das sich insbesondere auf den Ausbau einer Reihe von In-
stitutionen der VBolkswohlfahrt bezieht. Weiter bespricht er die finanzielle
und wirtschaftliche Lage, die Besitzpolitik, die Verkehrsverhältnisse u. a.
Bezüglich des Ausgleichs mit Oesterreich führt er aus, seine Regierung
Fier diesen schon vorgefunden und auf dieser Grundlage würden die im
orjahre mit Deutschland begonnenen Verhandlungen fortgesetzt werden.
Die endgültige Erledigung des Ausgleichs bleibt dem künftigen Reichstage
vorbehalten. Was die auswärtige Lage anbelangt, möchte er vor allem
nach eingehender Rücksprache mit dem Minister des Aeußern erklären, daß er
sich mit ihm hinsichtlich der Führung der ausw. Politik in vollem Ein-
verständnis befinde. Auch die neue Regierung halte an dem lange be-
währten engen Bündnisse mit Deutschland sowie an den im Kriege
##lchoffenen, aber hoffentlich gleichfalls für eine lange Dauer bestimmten
ündnissen mit der Türkei und Bulgarien fest und wisse sich hierbei der
vollen Zustimmung des hohen Haufes sicher. Mit Befriedigung könne er
die durchaus günstige militärische Situation feststellen, deren unerschütter-
liche Stärke sich erst jüngst wieder bei der erfolgreichen und heldenmütigen
Abwehr der ital. Offensive erwiesen hat, wobei auch ung. Truppen ihre
vaterländische Tapferkeit betätigten. Gerade dieses Bewußtsein unserer Stärke
gestattet aber auch, ohne deshalb schwächlich und kleinmütig zu erscheinen,
an der wiederholt kundgegebenen Bereitwilligkeit, zu einem für uns und
unsere Gegner annehmbaren und ehrenvollen Friedensschluß zu gelangen,
festzuhalten. Der Ministerpräsident kommt zum Schlusse auf die Frage des
Wahlrechtes zu sprechen und führt aus: Auch diejenigen, welche die
Wahlreform vom Jahre 1913 schufen, haben anerkannt, daß auch dieses
Gesetz reformbedürftig ist. Ich kann feststellen, daß es seit Jahren keine
Regierung in Ungarn gegeben hat, welche die Unveränderlichkeit verkündet
hätte, und ich hoffe, daß die gegenwärtige Majorität, welche als Minorität
im Jahre 1910 ebenfalls auf der Basis einer weitgehenden Wahlreform
estanden ist, heute als Majorität sich dem nicht in den Weg stellen wird.
ch wiederhole, die Wahlreform ist die Grundlage der Existenz der Re-
gierung und neben der Befriedigung der an eine Frist gebundenen Staats-
notwendigkeiten eine allem anderen vorangehende Aufgabe. Wir haben es
übernommen, die in dem Handschreiben Sr. Maj. kundgegebene Absicht zu
verwirklichen, daß das Wahlrecht in einem solchen Maße ausgedehnt werde,
wie dies unter Berücksichtigung der Existenzinteressen des ung. Staates den
egenwärtigen großen Zeiten und den vom Volke gebrachten Opfern ent-
Sosic. Da der Wunsch der vom Wahlrecht ausgeschlossenen Massen sich
mit dem auf verfassungsmäßigem Wege kundgegebenen Wunsche des Königs
begegnet, zu einer Zeit, wo draußen auf dem Schlachtfelde die Gesamtheit
der unter der allgemeinen Wehrpflicht stehenden Nation das Vaterland
verteidigt und zu Hause die Gesamtheit der Nation unseren Widerstand
organisiert, kann selbst die wahre konservative Auffassung, wie wir glauben,
nicht die Notwendigkeit einer sich auf die breiten Schichten des Volkes er-
streckenden Wahlreform zurückweisen. Die weitere Hinausschiebung der
Reform oder ein engbegrenztes Maß würde nur die Einheit der Kräfte
und die Eintracht zerstören, ohne daß sie den endgültigen Sieg zu ver-
hindern vermöchte. Die Regierung ist sich über die Details der Wahl-
reform vollkommen klar, sie will dieselben aber bloß in Form eines Gesetz-
entwurfes zusammen mit aufklärenden Daten in die Oeffentlichkeit bringen.
Wir erklären schon jetzt, daß wir unter Herabsetzung der Altersgrenze für