Bie Kerreichisch-ungerische Menarchie. (Januar 11.) 9
gierung der Ver. Staaten von Amerika die Antwort der mit ihr im Kriegs-
zustand befindlichen Staaten auf ihre Note vom 12. v. M. zu erhalten,
mit welcher sie sich ebenso wie die mit ihr verbündeten Mächte zur An-
bahnung von Friedensverhandlungen bereit erklärt hat. Im Einvernehmen
mit den Regierungen der verbündeten Mächte hat die k. und k. Regierung
es nicht unterlassen, die Antwort der feindlichen Regierungen einer ein-
gehenden Prüfung zu unterziehen, die zu folgendem Ergebnis geführt hat.
Unter dem Vorwand. daß der Vorschlag der vier verbündeten Mächte ohne
Aufrichtigkeit und ohne Bedeutung sei, lehnen es die feindlichen Regie-
rungen ab, auf diesen Vorschlag einzugehen. Durch die Form, die sie ihrer
Mitteilung gegeben haben, machen sie eine an sie gerichtete Antwort un-
möglich. Die k. und k. Regierung legt aber Wert darauf, den Regierungen
der neutralen Mächte ihre Auffassung darzulegen.
Die Antwort der feindlichen Regierungen geht der Erwägung der
Möglichkeiten der Beendigung des Krieges aus dem Wege. Sie beschränkt
sich darauf, neuerlich die Vorgänge, die zu dem Krieg geführt haben, die
vermeintliche Stärke ihrer eigenen militärischen Situation und die angeb-
lichen Beweggründe des Friedensvorschlags, zu erörtern. Die k. und k. Re-
gierung will sich dermalen nicht in ein neuerliches Wortgefecht über die
Vorgeschichte des Krieges einlassen. Nach ihrer Ueberzeugung ist vor den
Augen der ganzen rechtlich und unbefangen urteilenden Menschheit bereits
hinreichend und unwiderleglich dargetan, auf welcher Seite die Schuld an
dem Ausbruch des Krieges gelegen ist. Was im besondern das österreichisch-
ungarische Ultimatum an Serbien betrifft, so hat die Monarchie in den
Jahren, die diesem Schritt vorangingen, hinlängliche Beweise ihrer Lang-
mut gegenüber den sich stets steigernden feindseligen und aggressiven Ab-
sichten und Umtrieben Serbiens an den Tag gelegt, bis zu dem Momente,
wo schließlich die ruchlose Mordtat von Sarajewo eine weitere Nachsicht
unmöglich gemacht hat. Auch eine Auseinandersetzung über die Frage, auf
welcher Seite die militärische Lage stärker sei, erscheint müßig und darf
getrost dem Urteil der gesamten Oeffentlichkeit überlassen bleiben. Uebrigens
enthält eine Vergleichung der Kriegsziele der beiden Gruppen bereits die
Entscheidung dieser Frage. Während nämlich Oesterreich-Ungarn und seine
Verbündeten den Krieg von Anfang an nicht zum Zweck von Gebiets-
eroberungen, sondern als Verteidigungskampf unternommen haben, ist bei
den feindlichen Staaten das Gegenteil der Fall. Sie gehen, um nur einige
ihrer Kriegsziele zu nennen, auf die Niederwerfung und Beraubung der
österreichisch-ungarischen Monarchie, auf die Eroberung von Elsaß-Loth-
ringen sowie auf die Aufteilung der Türkei und die Verminderung Bul-
gariens aus. Die vier verbündeten Mächte können daher bereits derzeit
ihre rein defensiven Kriegsziele als erreicht betrachten, während die Gegner
sich von der Verwirklichung ihrer Pläne immer weiter entfernen.
Wenn schließlich die feindlichen Regierungen den Vorschlag der vier
verbündeten Mächte als Kriegsmanöver bezeichnen und ihn als unaufrichtig
und bedeutungslos kennzeichnen, so ist dies vor Beginn der Friedens-
verhandlungen, und solange daher unsere Friedensbedingungen nicht bekannt
sind, lediglich eine ganz willkürliche Behauptung, eine subjektive Annahme
ohne die Möglichkeit eines Beweises. Die k. und k. Regierung und die
Regierungen der mit ihr verbündeten Mächte haben ihr Angebot der Ein-
leitung von Friedensverhandlungen in voller Aufrichtigkeit und Loyalität
gemacht, denn sie mußten ja auf die Möglichkeit gefaßt sein, daß ihr aus-
drücklich ausgesprochener Antrag, beim Eintritt in die Verhandlungen ihre
Friedensbedingungen bekanntzugeben, angenommen werde. Die Gegner
sind es vielmehr, die, ohne ihrerseits Gegenvorschläge zu machen, es ab-