Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

254 Großbritannien. (Januar 24.) 
Am 26. nimmt die Konferenz einstimmig eine Resolution gegen die 
Einstellung von farbigen Arbeitern in England an. Ferner wird eine von 
Snowden beantragte Resolution angenommen, worin sich die Konferenz 
der Erklärung der franz. Sozialisten gegen einen Wirtschaftskrieg nach dem 
Kriege anschließt und im Gegensatz zu den Beschlüssen der Pariser Wirt- 
schaftskonferenz allgemein freie Handelspolitik verlangt. 
Nachdem noch das System für die Vorstandswahl dahin abgeändert 
ist, daß fortan mit absoluter Stimmenmehrheit statt abteilungsweise (Trade 
Union-Abteilung, sozial. Abteilung, Trades-Councils) gewählt werden soll. 
wodurch die sozialistische Partei vollständig aus dem Vorstand verdrängt ist, 
wird Purdy zum Vorsitzenden der Partei, Arthur Henderson zum Sekretär 
und Ramsay Macdonald (Unabh. Arb.) zum Schatzmeister gewählt. 
24. Jan. Antwort auf die Botschaft Wilsons vom 22. Jan. 
Schatzkanzler Bonar Law erteilt in einer Versammlung in Bristol 
auf die Botschaft Wilsons vom 22. Jan. (s. Ver. St.) im Namen des 
Kabinetts folgende Antwort: Das Ende des Krieges ist der Frieden. 
Deutschland hat uns ein Friedensangebot, wie es das zu nennen beliebte, 
gemacht; es hat darauf von den Regierungen der verbündeten Staaten die 
Antwort erhalten, die es verdient hat, die einzige Antwort, die möglich 
war. Die meisten von Ihnen haben wohl die Rede des Präsidenten Wilson 
gelesen, die gestern in den Zeitungen abgedruckt worden ist. Es ist eine 
offene Sprache und es ist wichtig, daß jedes Mitglied einer R fkegierung der 
Verbündeten, das darüber redet, mit gleicher Offenheit spricht. Es ist un- 
möglich, daß Wilson die Fragen von demselben Gesichtspunkte aus be- 
trachtet wie wir. Das Haupt einer großen neutralen Nation muß, was 
auch seine privaten Ansichten sein mögen — und ich weiß ebensowenig 
wie irgendeiner von Ihnen, was für welche er hat —, eine neutrale Hal- 
tung annehmen. Amerika befindet sich sehr weit entfernt von den Schrecken 
dieses Krieges, wir befinden uns mitten darin. Amerika ist neutral, wir 
nicht. Wir glauben, daß die Hauptfrage in diesem Kriege die ist, die so 
alt ist, als es eine Zeitrechnung gibt, der Unterschied zwischen Recht und 
Unrecht. Wir glauben und wir wissen, daß dieser Krieg der Krieg un- 
verhüllter Angriffslust ist, daß die Verbrechen in der Kriegführung, die 
seit Jahrhunderten der Welt unbekannt gewesen sind, klein erscheinen im 
Vergleich mit dem Grundverbrechen, die Welt durch kaltblütige Berechnung 
in den Krieg zu stürzen, weil diejenigen, die dafür verantwortlich sind, 
glaubten, er würde sich bezahlt machen. Die Rede des Präsidenten Wilson 
hat zum Ziel, jetzt Frieden zu erreichen und für die Zukunft den Frieden 
zu sichern. Das ist auch unser Ziel und unser einziges Ziel. Er hofft, den 
Frieden durch einen Friedensbund zu sichern, und er hat nicht nur 
für einen solchen Bund gesprochen, sondern er versucht auch, den amerika- 
nischen Senat dazu zu bringen, die zu seiner Verwirklichung nötigen Schritte 
zu unternehmen. Es wäre unrecht, diesen Vorschlag als völlig utopisch an- 
zusehen. Sie wissen, daß das Duell sich fast bis in unsere Tage hinein 
erhalten hat, und ebenso wie die Erledigung privater Streitfragen durch 
das Schwert jetzt undenkbar geworden ist, so glaube ich, können wir hoffen. 
daß die Zeit kommen wird, in der alle Nationen der Welt die Rolle spielen 
werden, die Cromwell als seinen Lebenszweck bezeichnete, die Rolle des 
Polizisten, der für Ruhe in der Gemeinde sorgt. Diese Zeit wird, so hoffe 
ich, kommen. Aber diese ganze Frage ist keine abstrakte Zukunftsfrage, 
sondern sie ist eine Frage auf Leben und Tod in der Gegenwart. Bei 
Beurteilung der Frage, ob dieses Ergebnis auf dem von Präsident Wilson 
vorgeschlagenen Wege erreicht werden kann, können wir unmöglich die Ver-
	        
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