446 krankreich. (September 26.—29.)
dem Krieg! Es lebe der Frieden!“ Präsident Deschanel antwortet: „Ja-
wohl, wenn es der Friede Frankreichs ist.“
Die Budgetvorlage wird sodann mit 480 gegen 4 Stimmen an-
genommen. (Am 29. wird sie auch vom Senat mit unwesentlichen Aende-
rungen und hierauf von der Kammer endgültig angenommen.)
26.—29. Sept. Besuch König Viktor Emanuels.
Er besichtigt die franz. und belg. Front und besucht die montenegr.
Königsfamilie in Neuilly (bei Paris).
27. Sept. Angebliche deutsche Verbalnote über Belgien.
. Das „Journal“ veröffentlicht eine angebliche deutsche Verbalnote über
Belgien an den Papst, die folgende Bedingungen enthält: 1. Deutschland
ist mit der Wiederaufrichtung eines politisch unabhängigen Königreichs
Belgien einverstanden. 2. Deutschland wird alle durch die Okkupierung des
Landes entstandenen Schäden ersetzen. 3. Dafür muß Belgien Garantien
gegen die Wiederholung einer Bedrohung des Deutschen Reiches, wie sie
Ende Juli 1914 stattfand, geben. 4. Belgien wird verpflichtet, die Zwei-
teilung der Regierungsgewalt in eine wallonische und eine flämische auf-
recht zu erhalten. 5. Belgien muß Deutschland die volle Handelsfreiheit
in seinem Lande, besonders in Antwerpen garantieren. Das „Journal“
bemerkt dazu, diese Bedingungen seien selbstverständlich völlig unannehmbar.
Am 29. teilt dazu das „WTB." mit: Nachdem die franz. Presse mehrere
Tage über die angebliche deutsche Verbalnote bezüglich Belgiens in allen
Tonarten geschimpft hatte, mußte sie heute das Dementi des Wolffschen
Bureaus veröffentlichen, daß die Note nie existiert hat. Die Presse weiß
nicht, wie sie sich aus der dadurch geschaffenen schiefen Lage ziehen soll:;
sie sucht sich mit dem üblichen Kniff, daß es sich um ein deutsches Manöver
handle, zu helfen. Zunächst kündigt die Radio-Agentur, die die Note in
der franz. Presse verbreitet hatte, an, sie habe eine Untersuchung eingeleitet.
„Petit Parisien“ erklärt, das Dementi sei unerklärlich; wahrscheinlich habe
die deutsche Militärpartei nachträglich gegen die grundsätzliche Behauptung
protestiert, die trotz aller Einschränkung und Vorbehalte Deutschland all-
zusehr zu binden scheine. Der „Temps“ erklärt, wahrscheinlich habe die
deutsche Regierung in ihrer Enttäuschung über die schlechte Aufnahme der
Verbalnote den Ausweg gefunden, durch ein offizielles Dementi alle Spuren
zu verwischen. Aehnlich äußert sich der „Matin“", der hinzufügt, eigentlich
könne nur der Vatikan eine vollkommene Aufklärung geben. (S. ferner Tl. 1
S. 803 f. u. Tl. 2 S. 336.)
29. Sept. (Paris.) Verhaftung Bolo Paschas.
Ueber die Angelegenheit Bolo Pascha telegraphiert der Pariser Bericht-
erstatter der „Basler Nachrichten“: Bolo verfügte vor dem Krieg über eine
Rente von etwa 60000 Fr. Seit dem Krieg war er so vermögend geworden,
daß er das „Journal“ mit fünf Mill. Fr. kommanditieren konnte. Den Ge-
richten war bekannt, daß Bolo sehr hohe Summen aus Amerika und aus
der Schweiz bezogen hatte, sie bemühten sich die Herkunft dieser Summen
zu ermitteln und sandten Untersuchungskommissionen nach beiden Ländern,
die ihre Nachforschungen in den Banken anstellen sollten. Diese Kommis-
sionen richteten aber in den neutralen Ländern nicht viel aus. Alles änderte
sich aber, als Amerika in den Krieg eintrat. Die amerik. Regierung ließ
von sich aus eine Untersuchung anstellen, und da entdeckte man, daß die
Bezahlungen an Bolo von der Deutschen Bank geleistet wurden. (Es handelt
sich angeblich um eine Summe von 1600000 Dollar.) Zugleich ermittelte
man weitere Zahlungen derselben Bank an andere Personen. Daraufhin